Evolutionsbiologische Konsequenzen von gelegentlicher Sexualität in parthenogenetischen Populationen der Planaria Schmidtea polychroa
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die weite Verbreitung von sexueller Reproduktion, trotz zweifacher Kosten verglichen mit asexueller Reproduktion, stellte lange Zeit eines der größten Probleme moderner Evolutionsbiologie dar. Mittlerweile wurden viele überzeugende Theorien entwickelt, die die Vorteile sexueller Reproduktion hervorheben. Das so genannte „Paradoxon der Sexualität“ scheint daher, weitgehend gelöst zu sein. Obwohl Sexualität viele Vorteile bietet, ist sexuelle Reproduktion nicht immer der bevorzugte Reproduktionsmodus und Parthenogenese besteht weiterhin. Eine Möglichkeit diesen Erfolg der Parthenogeneten zu erklären, ist, dass Parthenogenese nicht immer reine Klonalität, sondern gelegentliche Sexualität beinhaltet. Solch ein gemischter Modus mit hauptsächlich asexueller Reproduktion unterbrochen von gelegentlicher Sexualität, kann, zumindest theoretisch, die Vorteile von Sex und Asex vereinigen. Auch bei der Süßwasserplanarie Schmidtea polychroa ist Parthenogenese ein sehr erfolgreicher und weit verbreiteter Reproduktionsmodus. Die polyploiden (meistens triploid, selten tetraploid) Parthenogeneten hermaphroditische Plattwurmart sind spermien-abhängig in S. polychroa, d.h. Fremdspermien werden lediglich zur Stimulierung der Embryogenese benötigt. Ein väterlicher, genetischer Beitrag zu den Nachkommen ist in der Regel ausgeschlossen. Parthenogenese führt in S. polychroa aber nicht zu rein klonalen Nachkommen, sondern erlaubt gelegentliche sexuelle Prozesse. Im Mittelpunkt dieses Projektes stand die Frage, ob gelegentliche sexuelle Fortpflanzung zur Aufrechterhaltung von ansonsten parthenogenetischen Populationen aufrechterhalten kann und so den Erfolg von Parthenogenese erklären kann. In der Tat zieht gelegentliche Sexualität in S. polychroa evolutionäre Vorteile mit sich. Laboruntersuchungen ergaben, dass gelegentliche Sexualität auf populationsebene zu erhöhter Fitness führt. Felduntersuchungen ergaben, dass der Anteil an sexueller Reproduktion und genetische Diversität korreliert. Außerdem konnte gezeigt werden, dass unter natürlichen Bedingungen, gelegentliche Sexualität mit dem Fitnesskorrelat Körpergröße in einem starken, positiven Zusammenhang stehen. Die große Frage, ob sexuelle Reproduktion eher die Mutationslast oder die Parasitenlast reduziert konnte nicht vollends beantwortet werden. Die vorliegenden Daten konnten lediglich einen Trend zwischen Parasitenvorkommen und gelegentlicher Sexualität nachweisen. Trotz ihrer Seltenheit, haben die sexuellen Prozesse in parthenogenetischen S. polychroa erhebliche Konsequenzen auf die genotypische und karyotypische Populationsstruktur, sowie auf individuelle Fitness und Fitness der Population. Solche und ähnliche Resultate sind durchaus auch in anderen parthenogenetischen Spezies denkbar, denn gelegentliche Sexualität ist in Eukaryoten häufiger anzufinden als erwartet. Gelegentliche Sexualität ist daher in der Lage, sowohl in S. polychroa als auch in anderen Parthenogeneten, das Aussterben von parthenogenetischen Populationen zu verhindern und so deren Überleben zu sichern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008): Correlations between sex rate estimates and fitness across predominantly parthenogenetic flatworm populations. J Evol Biol 21: 276-286
D’Souza TG, Michiels NK
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Sex in parthenogenetic planarians (2009): Phylogenetic relic or evolutionary resurrection? In: Van Dijk P, Martens K, Schoen I (eds.) Lost sex: The Evolutionary Biology of Parthenogenesis. Springer. 377-397
D’Souza TG, Michiels NK
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(2010): The costs and benefits of occasional sex: Theoretical predictions and a case study . J Heredity 101:S34-4
D’Souza TG, Michiels NK