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Kommerzialisierung, Re-Regulierung, De-Institutionalisierung? Der Umbau des Regulierungsregimes im Sport

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2005 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5454586
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt ging von der Annahme aus, dass die Entwicklung der sektoralen Institutionen des Sports, genauer des Fußballs, der aus der Regulierungsforschung bekannten Sequenz „Vermarktlichung/ Liberalisierung, institutionelle Transformation, Re-Regulierung" folgt. Ein Vergleich der Re-Regulierungsbemühungen des Staates im englischen und deutschen Fußball zeigte, dass offensichtlich nationale Unterschiede in der Re-Regulierung. Während die britische Regierung ambitionierte Pläne zur Re-Regulierung vorlegte, blieben deutsche Sportpolitiker dem Prinzip der „Autonomie des Sports" trotz weitreichender Kommerzialisierung treu. Das Projekt stellte sich zum Ziel, diese unterschiedlichen nationalen „Regulierungspfade" zu erklären. Da die nationalen Regulierungspfade als Reaktion auf spezifische Funktionsdefizite der institutionellen Konfiguration der beiden Spielarten des ,,Fußball-Kapitalismus" erschienen, diente der „varieties of capitalism"-Ansatz (VoC) als konzeptioneller Rahmen. Bekanntlich besteht eine der Stärken dieses Ansatzes darin, die institutionelle Diversität und Komplexität kapitalistischer Ökonomien nachgewiesen und die Relevanz der Interaktion institutioneller Teilelemente für die Leistungsfähigkeit von Ökonomien hervorgehoben zu haben. Die Rezeption dieses Ansatzes erwies sich in theoretischer und empirischer Hinsicht als außerordentlich fruchtbar. Die Analyse institutioneller Konfigurationen und Dynamiken zeigte, dass die geringe institutionelle Leistungsfähigkeit des englischen Profifußballs in Verbindung mit einer umfassenden finanziellen Verantwortung der Vereine und einer früh einsetzenden Deregulierung des Spielermarktes entscheidend für den Niedergang des englischen Fußballs und seine daraufhin staatlich forcierte Kommerzialisierung waren. Die Ambitionen des britischen Regulierungsstaates sind aber nicht nur Reaktion auf Funktionsdefizite, sondern auch einer nachhaltigen Politisierung des Sektors. Die institutionelle Stabilität des deutschen Fußballs bis zum ßosman-Urteil (1995) resultierte dagegen aus der hohen Steuerungsfähigkeit des DFB und komplementären staatlichen Unterstützungsleistungen. Als theoretisch anschlussfähige Ergebnisse mit Relevanz sowohl für die Diskussion über Spielarten des Kapitalismus als auch für eine polit-ökonomische Betrachtung des Sports können festgehalten werden: Eine Analyse der sektoralen Institutionen des Fußballs mit Hilfe des VoC-Ansatzes erlaubt eine bessere Würdigung der institutionellen Diversität und Komplexität des Sektors und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Interaktion einzelner institutioneller Elemente. Eine „Machterklärung" institutioneller Konfigurationen und Dynamiken weist zumindest im Fußball klare Vorteile gegenüber funktionalistischen Erklärungen auf. Ökonomische Institutionen im Fußball-Kapitalismus repräsentieren politische Kompromisse und müssen als „eingebettet" in umfassendere soziale und ökonomische Strukturen aufgefasst werden. „Verlierer" in institutionellen Auseinandersetzungen stellen endogene Veränderungspotenziale dar. Starke exogene Schocks können zu institutioneller Konvergenz führen. Die sich neu herausbildenden institutionellen Konfigurationen sind nicht notwendig effizient, sondern repräsentieren ihrerseits nur neue politische Kompromisse.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). "Institutional complementarities and Institutional dynamics: Exploring varieties in European football capitalism." Socio-Economic Review 6, 99- 133
    Meier, H.E.
  • (2009). „The European Union's regulation of sport: A political science perspective". In: Gardiner, S. et al. (eds.) 2008: Professional sport in the European Union: Regulation, re-regulation and representation. Amsterdam: TMC Asser Press and Cambridge University Press, S. 7-33
    Meier, H.E.
  • (2010). „De-Regulierung und Regulierung als staatlicher Steuerungsmechanismus im Sport". In: Tokarski, W. und Petry, K. (Hrsg.) 2009: Handbuch Sportpolitik, Schorndorf: Hofmann
    Meier, H.E.
 
 

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