FOR 510: Environmental and Cultural Change in West and Central Africa
Biologie
Geowissenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die DFG-Forschergruppe 510 untersuchte den Zusammenhang zwischen der Kulturentwicklung und den Klima- und Umweltveränderungen in Westund Zentralafrika im ersten vorchristlichen Jahrtausend, einer Zeit umfassenden kulturellen Wandels. Die regionalen Fallbeispiele lagen in Nordost- und Zentral-Nigeria sowie Süd-Kamerun. Die Forschergruppe hat ergiebige Archive entdeckt und untersucht sowie bewährte, teils aber auch neu entwickelte Methoden zur Analyse archäologischer und umweltgeschichtlicher Daten angewandt. Im Regenwald von Süd-Kamerun treten im 1. Jahrtausend v. Chr. Bodenbau betreibenden Gemeinschaften auf. Die Forschergruppe hat hier mehrere bemerkenswerte Ergebnisse erzielt. Sie entdeckte außerordentlich reich ausgestattete Gräber mit Zeugnissen eines voll entwickelten Schmiedehandwerks aus einem früheisenzeitlichen Abschnitt, für den bislang keine Parallelen existieren. Ferner wurde Perlhirse (Pennisetum glaucum) als erste Kulturpflanze, datiert auf 400–200 cal BC, gefunden. Die Perlhirse lässt auf eine Herkunft der Bevölkerung aus dem nördlich des Regenwalds liegenden Savannenraum schließen. Sowohl die Perlhirse, als auch andere paläoökologische Daten belegen, dass der Komplex in einer Zeit verstärkter klimatischer Saisonalität in eine Umwelt vordrang, die damals aus einem Mosaik von immergrünem Wald und Pionierwald bestand. Für die Regenwaldregion lässt sich nach den Ergebnissen der Forschergruppe somit auf einen engen Zusammenhang zwischen der Umweltveränderung und den kulturellen Neuerungen in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. schließen. Im Tschadbecken von Nordost-Nigeria erscheinen plötzlich ab der Mitte des 1. vorchristlichen Jahrtausends weit über 10 Hektar große Siedlungen mit einer hohen Einwohnerzahl von mehr als 1000 Menschen. Umgeben von einem mehrere Meter breiten und tiefen Graben, bilden die Siedlungen einer Region des Tschadbeckens die ältesten bekannten befestigten Siedlungen im subsaharischen Raum. Damit verbundene soziale Veränderungen gehen einher mit gesteigerter landwirtschaftlicher Produktivität und Neuerungen in vielen kulturellen Bereichen, darunter auch die Eisenmetallurgie. Die weitere Entwicklung konnte bis in das erste nachchristliche Jahrtausend verfolgt werden. In Zentral-Nigeria hat die Forschergruppe mit der bekannten Nok-Kultur einen Komplex erfasst, der mit Bevölkerungswachstum, dem Anbau von Perlhirse und Augenbohne sowie früher Eisenmetallurgie einen ähnlichen, zeitgleich datierenden kulturellen Umbruch wie im Tschadbecken erfasst. Die Befunde mit den typischen Nok-Terrakotten verweisen allerdings auf entwickelte Ritualpraktiken, wie sie für das Tschadbecken nicht belegt werden können. Anders als im Regenwald von Süd-Kamerun fanden sich kaum Hinweise darauf, dass der kulturelle Wandel in der Sahel- und Sudanzone Nigerias von markanten ökologischen Umbrüchen begleitet wurde. Daher können hier soziale Ursachen als Motor des kulturellen Wandels vermutet werden. Auf die zentrale Frage nach dem Zusammenhang zwischen Veränderungen der Kultur und der Umwelt hat die Forschergruppe somit unterschiedliche Antworten gefunden. Bei den geographischen Prospektionen der Umweltarchive in den Alluvialebenen der südkamerunischen Flüsse Sanaga, Nyong und Ntem stellte es sich heraus, dass die Sedimente ein deutlich höheres Alter aufwiesen als erwartet. Aufgrund der hervorragenden Quellenlage wurde hier der Untersuchungszeitraum erheblich erweitert. Die Ablagerungen erlaubten es, Landschaftsveränderungen an der Regenwald-Savannengrenze während der letzten 50 ka zu erforschen, mit besonderem Schwerpunkt auf dem LGM (Late Glacial Maximum, 18 ka) und dem Beginn des Holozäns.