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Landschafts- und Vegetationswandel auf der Iberischen Halbinsel während der römischen Epoche - Rekonstruktion anhand von Geo-Bioarchiven

Antragstellerin Dr. Heike Schneider
Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2008 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 54802024
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im abgeschlossenen Projekt wurden sechs verschiedene Archive der Iberischen Halbinsel hinsichtlich der Wechselwirkungen von römischer Landnutzung, Klimas und Landschaftsentwicklung untersucht. Der Vergleich natürlicher Archive und künstlicher Sedimentfallen für die Bearbeitung der Fragestellung hat sich dabei als sehr bedeutsam erwiesen. Es zeigte sich, dass die verschiedenen Archive entsprechend der Lage und der naturräumlichen Ausstattung unterschiedliche Entwicklungen in ihrer Umgebung während der Römerzeit widerspiegeln. Zugleich sind eindeutige Klimasignale auf Grund der guten Datierung und der hochaufgelösten Analysen aber in allen Archiven fassbar. Die Analysen belegen in allen Gebieten bereits eine prärömische Nutzung mit extensiver agrarischer Mischwirtschaft, die ab ca. 2250 cal. BP abnimmt, wobei die viehwirtschaftliche Nutzung ein wichtiger Bestandteil der Landnutzung bleibt. Diese Entwicklung könnte im Zusammenhang mit den punischen Kriegen zu sehen sein. Ab ca. 2000 cal. BP zeigt sich erneut eine Zunahme der Nutzung, wobei sich nun Unterschiede in den einzelnen Landschaften widerspiegeln. Vor allem zeigt sich eine Veränderung in der Zusammensetzung der Grünlandarten, die nun ein deutlich artenreicheres Spektrum dokumentieren. Die Intensivierung setzt sich in den darauffolgend Jahrhunderten fort und findet ihren Höhepunkt im Zeitraum zwischen 1800 und 1500 cal. BP. Dabei zeigt sich eine massive landwirtschaftliche, vor allem ackerbauliche Nutzung in den Gebieten mit naturräumlichen Bedingungen, während Auengebiete, Küstenstreifen und Gebirgslagen einer Mischwirtschaft bzw. Sondernutzungen (Bergbau, Garumproduktion u.ä.) unterlagen. Die Übernahme der römischen Strukturen durch die Westgoten ab 1500 cal. BP führt zu einer leichten Abnahme der Nutzungsintensität, obgleich man offenbar an einer Fortführung der römischen Nutzungsmuster interessiert war. Insbesondere zwischen 1400 und 1200 cal. BP setzt sich dieser Trend fort, wobei die Gebiete mit hohem Nutzungspotenzial auch weiterhin bewirtschaftet werden, während Areale mit schlechten Böden oder ungünstigen Klimaten allmählich aufgegeben wurden. Dies führte in eben jenen Bereichen zu einer allmählichen Gehölzregeneration. Mit dem Beginn der Islamischen Epoche kommt es zunächst zu einer weiteren Verminderung der Landnutzung, vermutlich in Folge der unklaren politischen Verhältnisse, was sich vor allem in einer weiteren Gehölzzunahme manifestiert. Erst mit dem Beginn der zweiten Islamischen Okkupationsphase um 1000 cal. BP nimmt die Landnutzung in allen Gebieten drastisch zu. Der Vergleich der Pollenspektren, der Sedimententwicklung und der Holzkohlenwerte in den verschiedenen Biogeoarchiven zeigt auffällige Übereinstimmungen, die Rückschlüsse auf die klimatischen Bedingungen erlauben. Hier lassen sich insgesamt drei Feuchtphasen ausgliedern: 2600-2250 cal. BP, 1800-1400 cal BP und weniger eindeutig 1970-1910 cal. BP. Demgegenüber zeichnen sich zwischen 2220-1970 cal. BP, 1910-1800 cal. BP und ab 1400 cal. BP deutliche Trockenphasen ab. Augenfällig ist, dass die Intensivierung der römischen Landnutzung jeweils an die klimatischen Veränderungen angepasst ist, feuchte Phasen also deutliche Schübe in der ararischen Landnutzungsintensität mit sich bringen. Zugleich dürfte auch die Nutzung von Staudämmen – sowohl für die Wasserversorgung für die Landwirtschaft, die Thermen, aber auch die weitere wirtschaftliche Nutzung (u.a. Bergbau) von enormer Bedeutung gewesen sein. Die Verwendung der Anlagen spiegelt sich dabei jeweils in deren Größe wider. Kleinere Speicher, die etwa als Schutz von Quellgebieten oder zur Speicherung der Winterregen gebaut wurden, führten nur saisonal Wasser. Deren Sedimente lassen sich zumindest palynologisch leider nicht auswerten. Insgesamt haben sich die Reservoire aber als hervorragende Archive erwiesen, wenn auch nicht alle für die multidisziplinäre Analyse geeignet sind. Gerade für bergbaulich genutzte Gebiete könnten sie zukünftig als potenzielle Forschungsfelder dienen. Der Vergleich der sehr unterschiedlichen Archive zeigte schließlich auch die Nutzungsmuster auf, die in der Phase römischer Bewirtschaftung stark an die naturräumlichen Gegebenheiten angepasst waren. Darüber hinaus zeigte sich in der Gegenüberstellung siedlungsnaher und - ferner Pollensequenzen, dass die typisch römischen Kulturpflanzen (z.B. Juglans, Vitis, Castanea) insbesondere direkt im Bereich der Siedlungen angebaut und gepflegt wurden, also wahrscheinlich nicht großmaßstäblich im weiteren Umfeld gediehen. Dies könnte allerdings ein Phänomen der klimatischen Bedingungen sein, die Bewässerung und Pflege für diese Sonderkulturen erforderten. Hier sind weitere Untersuchungen in anderen Bereichen Iberiens unbedingt notwendig. Datierungen mittels OSL waren auf Grund der Sedimentzusammensetzung zumeist nicht möglich, die Vielzahl von AMS Datierungen allerdings erlaubte erstmals einen tatsächlichen Vergleich verschiedener Archive in den determinierten Zeiträumen und damit konkrete Aussagen zum Zusammenhang zwischen römischer Landnutzung und klimatischer Entwicklung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009): The correlation between climate, man and debris flow events- a palynological approach. – Geomorphology 120 (1-2/1): 48-55
    Schneider, H., Höfer, D., Irmler, R., Daut, G. & R. Mäusbacher
  • (2010): Holocene estuary development in the Algarve Region (Southern Portugal) - A reconstruction of sedimentological and ecological evolution. - Quaternary International 221 (1- 2/1): 141-158
    Schneider, H., Höfer, D., Trog, C., Busch, S., Schneider, M., Baade, J., Daut, G. & R. Mäusbacher
  • (2010): Holocene flooding history of the Lower Tagus Valley (Portugal). – Journal of Quaternary Science 25 (8): 1222-1238
    Vis, G.-J., Bohncke, S.J.P.,Schneider, H., Kasse, C., Coenraads-Nederveen, S., Zuurbier, K. & J. Rozema
  • (2011): Geoarchäologisches Praktikum der FSU Jena auf dem Alten Gleisberg, Saale-Holzland-Kreis. - Neue Ausgrabungen und Funde in Thüringen 6: 75-90
    Ettel, P., Jahr, T., Meier, A., Michalzik, B., Naujoks, M., Richter, S., Schneider, H., Schöner, R. & Chr. Tannhäuser
  • (2012): Eine kritische Betrachtung der palynologischen Untersuchungen in Thüringen vor dem Hintergrund der biostratigrafischen Definitionen nach Firbas (1949). In: Verzweigungen - Festschrift für A. J. Kalis und J. Meurers-Balke. – Frankfurter Archäologische Schriften 18: 249-264
    Schneider, H.
 
 

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