Ernährungssicherung in Ladakh (Nordindien): Spannungsfeld zwischen subsistenz-orientierter Ressourcennutzung und sozioökonomischer Veränderung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Studie hat das Problem des verborgenen Hungers in der indischen Hochgebirgsregion Ladakh aufgezeigt, der auf eine begrenzte Nahrungsmittelvielfalt und saisonale Engpässe zurückzuführen ist. Diese unzureichende Versorgung mit lebenswichtigen Mikronährstoffen hat entscheidende gesundheitliche Auswirkungen zur Folge und ist damit ein grundlegendes Problem der Existenzsicherung. In dem Forschungsvorhaben wurde deutlich, dass die Landnutzung im Hochgebirge für die haushaltseigene Nahrungsmittelproduktion an Bedeutung verliert. Auch wenn meist keine vollständige Aufgabe der familiären Subsistenzwirtschaft erfolgt, ist zunehmend eine Auflösung der Relation von Eigenproduktion und Verzehrsgewohnheiten erkennbar. Die alltägliche Ernährungsweise wird verstärkt durch veränderte kulturelle Vorstellungen sowie gesellschaftliche Normen und Präferenzen geprägt. Heute verfügt die Mehrheit der Haushalte über monetäre Einkommensquellen, die für die Existenzsicherung unerlässlich geworden sind. Mit der Aufnahme außerlandwirtschaftlicher Erwerbsmöglichkeiten sind Veränderungen der Haushaltsstrukturen, eine Modifizierung der Arbeitsorganisation und neue Mobilitäten verbunden. Die veränderten Handlungsbedingungen eröffnen einerseits neue Chancen, verstärken jedoch andererseits Disparitäten und führen zur Entstehung neuer Risikogruppen. Betroffen sind vor allem diejenigen Menschen, die über geringe finanzielle Mittel verfügen und auf reziproke Arbeitsbeziehungen und soziale Netzwerke angewiesen sind. Zugleich sind die Strategien lokaler Akteure in steigendem Umfang durch Entwicklungsinterventionen nicht-lokaler Akteure, insbesondere des Staates und von NGOs, geprägt. So zeigen beispielsweise Debatten um Nahrungsmittelautarkie, Importabhängigkeiten und zukünftige Entwicklungspfade von Hochgebirgsregionen, dass den Interaktionen von diversen Akteuren mit ihren Interessen und Machtpositionen auf unterschiedlichen räumlichen Bezugsebenen eine entscheidende Bedeutung zukommt. Die Fallstudie hat damit auf charakteristische Entwicklungstrends im Hochgebirge verwiesen. Das Vorhaben konnte darüber hinaus durch die Wahl einer akteursorientierten Mehrebenenperspektive darüber hinaus einen konzeptionellen Beitrag zu aktuellen Fragestellungen der geographischen Hochgebirgsforschung leisten. Dabei ist insbesondere deutlich geworden, dass multi-lokale Haushalte, die Vielzahl von Akteuren und ihre spezifischen Machtkonstellationen, politische Aushandlungsprozesse sowie gesellschaftliche Faktoren in zukünftigen Forschungsprojekten stärker berücksichtigt werden müssen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2008). Development Paths and Perspectives in Ladakh, India. In: Geographische Rundschau - International Edition 4 (4): 20-27 & supplement
Dame, J. & Nüsser, M.
- (2009). Barley and Potato Chips: New Actors in the Agricultural Production of Ladakh. In: Ladakh Studies 24 (June 2009): 15-24
Dame, J.
- (2010). Stongde Revisited: Land-use Change in Central Zangskar. In: Erdkunde 64 (4): 355-370
Dame, J. & Mankelow, J. S.
- (2011). Food Security in High Mountain Regions: Agricultural Production and the Impact of Food Subsidies in Ladakh, Northern India. In: Food Security 3 (2): 179-194
Dame, J. & Nüsser, M.
- (2012). Irrigation and Development in the Upper Indus Basin: Characteristics and Recent Changes of a Socio-Hydrological System in Central Ladakh, India. In: Mountain Research and Development 32 (1): 51-61
Nüsser, M., Schmidt, S. & Dame, J.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1659/MRD-JOURNAL-D-11-00091.1) - (2012). Zwischen Subsistenz und Subventionen: Ernährungs- und Lebenssicherung in Ladakh. In: Geographische Rundschau 64 (4): 34-41
Dame, J.