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Die Relevanz alterskorrelierter Veränderungen neuronaler Kontrollprozesse beim simulierten Autofahren

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 56644697
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zur Untersuchung der Relevanz altersbedingter Veränderungen kognitiver Funktionen für die Fahrzeugführung wurden mit jüngeren und älteren Autofahrern drei Experimente am PC und in einem Fahrsimulator durchgeführt. Hierbei sollten die Probanden eine Fahraufgabe (Tracking) durchführen und gleichzeitig verschiedene kognitive Aufgaben bearbeiten, die manuelle oder verbale Reaktionen erforderten. Bei dem ersten, am PC durchgeführten, Experiment wurden zusätzlich mit Hilfe des Elektroenzephalogramms (EEG) neurophysiologische Daten erhoben, die in hoher zeitlicher Auflösung Aufschluss über kognitive Prozesse und Funktionen geben, die nicht im offenen Verhalten beobachtbar sind. Das zweite und dritte Experiment wurde im Fahrsimulator durchgeführt, um den Probanden ein realitätsnäheres Szenario zu bieten und die externale Validität der Ergebnisse zu erhöhen. Es zeigte sich, dass die Tracking-Leistung der Älteren vor allem unmittelbar nach der manuellen Reaktion auf einen relevanten Reiz aus der Zweitaufgabe nachlässt. Die Effekte dieser motorischen Interferenz auf die Tracking-Leistung konnten auch nicht verringert werden, wenn statt einer zweiten motorischen Reaktion eine verbale Reaktion gefordert wurde. Die EEG-Daten weisen darauf hin, dass Ältere ein Defizit bei der Differenzierung zwischen relevanten und irrelevanten Reizen haben, wenn sie gleichzeitig eine Fahraufgabe absolvieren. Dieser undifferenzierte Einsatz von Aufmerksamkeitsressourcen kann, wie das dritte Experiment zeigte, einen erheblichen Einfluss auf die Reaktion auf plötzlich auftretende kritische Ereignisse haben. Traten solche Ereignisse sehr kurz nach irrelevanten Reizen auf, zeigten Ältere deutlich langsamere und häufiger fehlerhafte Reaktionen auf diese Ereignisse als Jüngere. Basierend auf diesen im Rahmen des Projekts erzielten Ergebnissen lassen sich einige Empfehlungen ableiten, die bei der Entwicklung experimenteller Szenarien, In-Vehicle-Information-Systeme (IVIS) und der Verkehrsumgebung von Bedeutung sind: Ältere Probanden profitieren von realitätsnahen Szenarien, die deshalb im experimentellen Kontext reinen Laborexperimenten vorzuziehen sind. Ältere zeigen jedoch Probleme, wenn sie gleichzeitig verschiedene motorische Aufgaben (z.B. Fahren und Tastendruck) ausführen sollen. Deshalb sollten Situationen, in denen zwei oder mehr motorische Aufgaben im Fahrzeug zu bewältigen sind, möglichst vermieden werden. Verbale Reaktionen scheinen hierfür keine geeignete Alternative zu sein. Angesichts der Probleme Älterer bei der Differenzierung zwischen relevanten und irrelevanten Reizen, sollte die Verkehrsumgebung so gestaltet sein, dass möglichst wenig irrelevante Informationen präsentiert werden. Dagegen sollten alle relevanten Informationen so früh wie möglich gegeben werden, um die altersbedingte allgemeine Reaktionsverlangsamung zu kompensieren.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2009. Age-related differences in stimulus processing in a dual task as reflected in the P300. Psychophysiology 46: S75. Psychophysiology, Special Issue: Society for Psychophysiological Research Abstracts for the Forty-Ninth Annual Meeting Berliner Congress Center, Berlin, Germany October 21-24, 2009, Vol. 46. 2009, Issue Supplement s1, p. S75.
    Hahn, M., Wild-Wall, N., Falkenstein, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1111/j.1469-8986.2009.00920.x)
  • 2009. Alter und Doppeltätigkeit: eine Annäherung an die Fahrsituation. In: Arbeit, Beschäftigungsfähigkeit und Produktivität im 21. Jahrhundert: Bericht zum 55. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft vom 4.-6. März 2009, Dortmund/ hrsg. von der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V.; Schriftltg.: M. Schütte. Dortmund: GfA-Press, 2009, S. 77-80.
    Hahn, M., Falkenstein, M. & Wild-Wall, N.
  • 2009. Alterskorrelierte Unterschiede in einer Doppelaufgabe mit fahrähnlichen Elementen. In: Produktivität im Betrieb. Tagungsband der GfA Herbstkonferenz vom 23.-25. Sept. 2009, Millstatt / Landau, K. (Hrsg.), Stuttgart: Ergonomia Verlag, 2009, S. 169-172.
    Wild-Wall, N., Hahn, M. & Falkenstein, M.
  • 2009. Task preparation and mental demand during a visually cued attention task in young and older participants as reflected in the contingent negative variation. Psychophysiology, Special Issue: Society for Psychophysiological Research Abstracts for the Forty-Ninth Annual Meeting Berliner Congress Center, Berlin, Germany October 21-24, 2009, Vol. 46. 2009, Issue Supplement s1, p. S75.
    Wild-Wall, N., Hahn, M. & Falkenstein, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1111/j.1469-8986.2009.00920.x)
  • 2010. Age-related performance differences in compensatory tracking under a dual task condition. Occupational Ergonomics, Vol. 9. 2010, no. 2, pp. 75-86,
    Hahn, M., Falkenstein, M., & Wild-Wall, N.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.3233/OER-2010-0173)
  • 2010. Doppeltätigkeit und Alter: eine elektrophysiologische Studie. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, Bd. 43. 2010, Suppl. 1: 38.
    Wild-Wall, N. & Hahn, M.
  • 2011. Age-related differences in performance and stimulus processing in dual task situation. Brain Research, Vol. 1414. 2011, pp. 66–76.
    Hahn, M., Wild-Wall, N., & Falkenstein, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1016/j.brainres.2011.07.051)
  • 2011. Age-related performance differences in driving-like dual tasks: a neurophysiological investigation. Journal of Psychophysiology, Vol. 25. 2011, Suppl 1, p. 15.
    Hahn, M.
  • 2011. Kognitive Veränderungen im Alter und ihr Einfluss auf die Verkehrssicherheit älterer Verkehrsteilnehmer: Defizite, Kompensationsmechanismen und Präventionsmöglichkeiten. In: G. Rudinger & K. Kocherscheid (Hrsg.), Ältere Verkehrsteilnehmer – Gefährdet oder gefährlich? 2011, S. 43-59. Bonn: Bonn Univ. Press.
    Falkenstein, M., Poschadel, S., Wild-Wall, N. & Hahn, M.
  • 2011. Preparatory processes and compensatory effort in older and younger participants in a driving-like dual task. Human Factors: The Journal of the Human Factors and Ergonomics Society, Vol. 53. 2011, Issue 2, pp. 91-102.
    Wild-Wall, N., Hahn, M., & Falkenstein, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1177/0018720811402068)
  • 2012. Improvements in dual task performance in young and older adults. In: Miltner, W.H.R., Weiß, T. (Hrsg.), Psychologie und Gehirn. 38. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Psychophysiologie und ihre Anwendung, Jena, 7.-10.6.2012. Tagungsband Jena: Friedrich-Schiller-Universität, S. 48-49.
    Hahn, M., Wild-Wall, N. & Falkenstein, M.
  • 2013. Age-Related Changes of Neural Control Processes and Their Significance for Driving Performance. In: C.M. Schlick, E. Frieling, J. Wegge (Eds.), Age-Differentiated Work Systems. Heidelberg: Springer, 2013, pp. 299-317.
    Hahn, M., Wild-Wall, N., & Falkenstein, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1007/978-3-642-35057-3_13)
  • 2013. Age-related differences in performance and stimulus processing in dual task situation. Journal of Psychophysiology, Vol. 27. 2013, Suppl. 1, pp. 55-56.
    Hahn, M., Wild-Wall, N., Falkenstein, M.
 
 

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