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Berechnung der Hüftgelenkbeanspruchung beim Hund mit Hilfe der Mehrkörper- und Finite-Element-Simulation

Fachliche Zuordnung Tiermedizin
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 56747063
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der endoprothetische Ersatz eines erkrankten Hüftgelenks beim Hund wird inzwischen routinemäßig durchgeführt. Dennoch treten Komplikationsraten von bis zu 31,7% bei implantierten Endoprothesen auf, die eine Verbesserung der caninen Prothesensysteme erfordern. Zur Optimierung der Prothesenkomponenten müssen die Kräfte und Momente bekannt sein, die bei Bewegung auf das Hüftgelenk des Hundes wirken. Ein geeignetes Werkzeug zur Untersuchung der Biomechanik des Beckengliedmaßkomplexes des Hundes stellt die Verwendung von dreidimensionalen Mehrkörpersimulationsmodellen dar. Das Gesamtziel dieses Forschungsprojektes besteht deshalb in der Modellierung der caninen Beckengliedmaße zur Abbildung des caninen Bewegungszyklus sowie der Berechnung der Hüftgelenkbeanspruchung im Tribosystem eines caninen Prothesensystems mit Hilfe der Mehrkörper- (MK-) und Finite-Element-(FE-)Simulation. Dieser Simulationsansatz kann neben aufwendigen in-vitro- und in-vivo-Versuchen zur patientenschonenden Grundlagenforschung am Tribosystem künstlicher Gelenke eingesetzt werden und kann darüber hinaus zur Reduzierung von Tierversuchen bei der Entwicklung von Hüftprothesen beitragen. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde ein valides MKS-Modell der caninen Beckengliedmaße entwickelt, mit dem die Beanspruchungen im physiologischen sowie prothetisch versorgten Hüftgelenk bei Bewegungen des Hundes berechnet werden können. Grundlage für die Berechnung der resultierenden Hüftgelenkbeanspruchungen beim Hund während des Gangzyklus ist die Messung der äußeren Belastung sowie der Bewegung des in diesem Forschungsprojekt betrachteten Hundes. Um diese erforderlichen Messgrößen ermitteln zu können, wurde an der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover ein Ganganalyselabor installiert und etabliert. Darüber hinaus wurde ein zeitlich veränderliches FE-Modell generiert, das auf den CAD-Daten einer bereits in der Mehrkörpersimulation betrachteten Hüfttotalendoprothese basiert. Nach Einleitung der Gelenkkräfte, die mittels MKS für das prothetisch versorgte canine Hüftgelenk berechnet wurden, konnten die Spannungen und Dehnungen in den Prothesenkomponenten numerisch berechnet werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die auftretenden Kräfte im caninen Hüftgelenk mit Hilfe der MKS berechnet werden können. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass sich die Beanspruchungen im Tribosystem von caninen Hüftprothesen mittels der FE- Simulation berechnen lassen, indem die in der MKS berechneten Kräfte in das FE- Modell übertragen werden. Die Ergebnisse dieses Projekts und weitere umfangreiche Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Biomechanik in den letzten Jahren zeigen höchst interessante Aspekte im Bereich von Hüftgelenkbelastungen und -beanspruchungen auf, die weiter erforscht und vertieft werden sollten. Die in diesem Projekt dargestellten Ergebnisse der MK- sowie FE-Simulation können zukünftig für die Simulation und Analyse von unterschiedlichen Belastungsszenarien bei variierenden Bewegungsabläufen herangezogen werden. Um bei der Entwicklung von Hüftendoprothesen ein ganzheitliches MKS- sowie FE-Modell zur Identifizierung von Spannungen und Kräften in der Hüfte bei unterschiedlichen Bewegungen zur Verfügung zu stellen, ist das entwickelte canine MKS-Modell der Beckengliedmaße um weitere Muskeln sowie wesentliche ligamentäre Strukturen zu erweitern. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse von EMG-Analysen in die MKS einfließen. Zudem ist der in dieser Arbeit definierte Kontakt zwischen den Pfoten und dem Boden dahingehend zu modifizieren, dass in der MKS die Pfote weitestgehend der Realität entspricht und nicht nur über einen Ellipsoid definiert wird. Das entwickelte MKS-Modell der caninen Beckengliedmaße soll darüberhinaus für Untersuchungen von Gelenkkräften und -momenten im Knie- und Sprunggelenk herangezogen werden. Ähnlich wie der Mensch leidet auch der Hund an degenerativen Gelenkerkrankungen, die beispielsweise im Falle des Kniegelenks einen Abriss des cranialen Kreuzbandes zur Folge haben können. Für die Operation des Kreuzbandrisses beim Hund existieren eine Vielzahl von Operationsmethoden. Neben wenig invasiven Techniken, wie der Fasziendopplung, gibt es zudem die Möglichkeit, über Korrekturosteotomien der Tibia beispielsweise mit der Tibia Plateau Leveling Osteotomie (TPLO) oder der Tibia Tuberosity Advancement (TTA) den Schub des Kniegelenks nach cranial (sogenanntes „Schubladenphänomen“) zu vermindern und das Kniegelenk zu stabilisieren. Unklar dabei ist bisher, welchen Einfluss diese Operationstechniken auf die in der Bewegung auftretenden Gelenkkräfte des Kniegelenks sowie des über- und untergeordneten Hüft- und Sprunggelenks haben. Hypothetisch sorgt die veränderte Biomechanik des Kniegelenks auch in den angrenzenden Gelenken für veränderte Gelenkbelastungen. Die MKS könnte hier wichtige Erkenntnisse hinsichtlich einer biomechanisch optimalen Winkelung der Korrekturosteotomie liefern und darüber hinaus zu einer verbesserten Konstruktion von Osteotomieplatten beitragen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Ermittlung der Viskosität von Synovialflüssigkeiten aus dem caninen Ellenbogen- und Hüftgelenk sowie dem humanen Kniegelenk. In: Berl Munch Tierarztl Wochenschr 121 (9-10), S. 374-380, 2008
    Helms, G.; Wefstaedt, P.; Rittmann, P.; Windhagen, H.; Pressel, T.; Behrens, B.-A.; Nolte, I.
  • Computergestützte Ganganalysen beim Hund. Tierärztliche Praxis Kleintiere K 2009 (1) 17. Jahrestagung der FG Innere Medizin und klinische Labordiagnostik (InnLab) der DVG, Berlin, 31.01.-01.02.2009; Stuttgart: Schattauer, 2009
    Böddeker, J.; Drüen, S.; Wefstaedt, P.; Nolte, I.
  • Determination of Hip-Joint Forces by means of Multi-body Simulation. 11th International Congress of the IUPESM, München, 07.-12.09.2009
    Behrens, B.-A.; Helms, G.; Stolorz, M.; Windhagen, H.; Wefstaedt, P.; Nolte, I.
  • Ermittlung der Belastungen im gesunden und prothetisch versorgten caninen Hüftgelenk mit Hilfe eines Mehrkörpersimulationsmodells. 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biomechanik (DGfB), Münster, 14.-16.05.2009
    Behrens, B.-A.; Helms, G.; Stolorz, M.; Wefstaedt, P.; Nolte, I.
  • Multi-body simulation of a canine hind limb: model development, experimental validation and calculation of ground reaction forces. In: Biomedical Engineering Online 8:36, 2009
    Helms, G.; Behrens, B.-A., Stolorz, M.; Wefstaedt, P.; Nolte, I.
  • Vorstellung eines Mehrkörpersimulations-Modells zur Berechnung der Bodenreaktionskräfte der Hintergliedmaße des Hundes während definierter Gangarten. Tierärztliche Praxis Kleintiere K 2009 (1) 17. Jahrestagung der FG Innere Medizin und klinische Labordiagnostik (InnLab) der DVG, Berlin, 31.01.-01.02.2009; Stuttgart: Schattauer, 2009
    Wefstaedt, P.; Stolorz, M.; Helms, G.; Behrens, B.-A.; Nolte, I.
  • Bodenreaktionskräfte der caninen Hintergliedmaße: Gibt es Unterschiede beim Gang auf Laufband und Kraftmessplatte? In: Berl Munch Tierarztl Wochenschr 123 (7-8), S. 10-16, 2010
    Drüen, S.; Böddeker, J.; Nolte, I.; Wefstaedt, P.
  • Evaluierung des Therapieerfolgs zweier chirurgischer Interventionen am ruptierten Ligamentum cruciatum craniale beim Hund anhand der vergleichenden Untersuchung ganganalytischer Parameter. Dissertation an der Klinik für Kleintiere. Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2010
    Bödecker,J.
  • Simulationsgestützte Untersuchungen am Tribosystem künstlicher caniner Hüftgelenke. Dissertation an der Fakultät für Maschinenbau. Leibniz Universität Hannover, IFUM, 2010
    Helms, G.
  • Validierung und Vergleich der Therapieresultate zementierter und unzementierter Hüftgelenkendoprothesen endoprothetisch versorgter Hunde anhand kinematischer und kinetischer Gangparameter. Dissertation an der Klinik für Kleintiere. Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, 2010
    Drüen, S.
 
 

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