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Veränderte Verteidigungskonzepte und Sicherheitspraktiken in Finnland und den baltischen Staaten seit 2014

Antragstellerin Professorin Dr. Anna Geis
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 544962752
 
Die russische Aggression gegen die Ukraine hat globale und regionale Auswirkungen und verstärkt die Bedrohungswahrnehmung in den Nachbarstaaten. Finnland, Estland, Lettland und Litauen teilen eine Landgrenze mit Russland und sind inzwischen alle Mitglieder der Europäischen Union (EU) und der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO). Dieses Projekt untersucht die Entwicklung „umfassender Verteidigung“ („comprehensive defence“) in diesen vier nördlichen Staaten im Zuge der russischen Aggression gegen die Ukraine seit 2014. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft sollen bewertet werden. Ein zentraler Aspekt ist, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst Verantwortung für die Verteidigung und Sicherheit des Staates übernehmen. Zwei zentrale Forschungsfragen werden untersucht: (a) Wie versuchen diese Staaten, ihr militärisch gestütztes Sicherheitsversprechen zu stärken, national wie durch Anstrengungen im Rahmen von NATO und EU? (b) Wie, wo und wann binden sie Bürgerinnen und Bürger sowie zivilgesellschaftliche Akteure ein, um diese Bemühungen zu unterstützen und zu ergänzen? Die Studie untersucht sowohl zwangs- als auch anreizbasierte Maßnahmen, die den Beitrag der Bürgerinnen und Bürger zur nationalen Verteidigung und gesellschaftlichen Resilienz beeinflussen. Zudem werden die ambivalenten Konsequenzen dieser Entwicklungen problematisiert: die Umverteilung staatlicher Budgets unter Bedingungen knapper Ressourcen, das Risiko der Ausgrenzung von russischsprachigen Minderheiten und von Bürgerinnen und Bürgern, die diese Maßnahmen als „Militarisierung“ wahrnehmen könnten, sowie das Potenzial für Konflikte zwischen staatlichen Behörden und verschiedenen Regierungsebenen bei der Umsetzung dieser Maßnahmen. Dies ermöglicht ein differenziertes Verständnis der sich entwickelnden „ko-produktiven“ Sicherheitsversprechen in der Region und ihrer weiterreichenden Auswirkungen in katastrophischen Zeiten existenzieller Bedrohungen. Die Forschung umfasst qualitative Dokumenten- und Inhaltsanalysen von Strategiepapieren, Materialien aus dem Bildungswesen, Zeitungs- und Parlamentsberichten sowie digitale Ethnographie und automatisierte multimodale Inhaltsanalysen für Social Media- Beiträge. Während der Feldforschungsaufenthalte werden halbstrukturierte Experteninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern staatlicher Behörden, des Militärs, der Medien und des Bildungssystems durchgeführt. Eine teilnehmende Beobachtung von Wehrübungen wird angestrebt. Nationale Verteidigungskonzepte und Sicherheitspraktiken können durch die EU, die NATO und minilaterale Kooperationen zwischen den nördlichen Ländern beeinflusst werden. Entsprechende Institutionen der NATO und der EU in den Ländern unterstreichen diese Bemühungen. Experteninterviews in Brüssel mit Vertreterinnen und Vertretern der NATO und der EU werden durchgeführt, um die Wechselwirkungen zwischen kollektiven und nationalen Verteidigungsmaßnahmen in Nordeuropa zu bewerten.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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