Psychologische Refraktärzeit und Verarbeitungsoptimierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Werden Personen nahezu zeitgleich mit zwei unterschiedlichen Wahlreaktionsaufgaben konfrontiert, entsteht eine Verarbeitungsinterferenz, die auch als Psychologische Refraktärperiode (PRP) bezeichnet wird. Diese Interferenz wird häufig auf einen strukturellen Engpass in der menschlichen Informationsverarbeitung zurückgeführt, der dafür verantwortlich ist. dass Teile der Aufgabenbearbeitung seriell anstatt für beide Aufgaben parallel ablaufen. Die Annahme eines strukturellen Engpasses wird durch neuere theoretische und empirische Befunde allerdings stark in Frage gestellt. Ein neuartiger Ansatz nimmt beispielsweise an, dass der Engpass das Resultat eines Optimierungsprozesses ist und dazu dient die Gesamtreaktionszeit zu minimieren. So konnte theoretisch nachgewiesen werden, dass der serielle Verarbeitungsmodus dem parallelen Verarbeitungsmodus in einer Vielzahl von Situationen überlegen ist, d.h. zu einer geringeren Gesamtreaktionszeit führt. Zusätzlich konnten erste empirische Belege für diese Idee gesammelt werden. Mit Hilfe des aktuellen Projekts sollte die empirische Tragfähigkeit dieses neuartigen Ansatzes weiter überprüft werden. Insbesondere sollte untersucht werden, ob das für den Verarbeitungsmodus nachgewiesene Optimierungsprinzip auch für die Verarbeitungsreihenfolge im Falle einer seriellen Doppelaufgabenverarbeitung gültig ist. Dieser Fragestellung wurde mit einer Reihe von Reaktionszeitexperimenten nachgegangen, die die verschiedenen Versionen des Doppelaufgabenparadigmas einsetzten. Im Gegensatz zu den meisten PRP-Studien wurden zwei sehr unterschiedlich anspruchsvolle Aufgaben verwendet. Dieses Vorgehen hat Konsequenzen für die Effizienz verschiedener Verarbeitungsreihenfolgen im Sinne der Gesamtreaktionszeit und somit wird überprüfbar, ob Personen dazu tendieren diese zu minimieren. Mittels Computersimulationen konnten detaillierte Vorhersagen bezüglich der Reaktionszeiten der beiden Aufgaben getroffen werden. Die Ergebnisse des Projekts unterstützen die Optimierungsannahme. Die Tendenz, die Gesamtreaktionszeit von Doppelaufgaben zu minimieren, wurde sowohl im PRP-Paradigma mit wechselnden Aufgabenreihenfolgen als auch im Paradigma mit konstanten Aufgabenreihenfolgen nachgewiesen. Somit kann der Geltungsbereich des Optimierungsansatzes durch die Befunde dieses Projekts enweitert werden. Personen scheinen nicht nur durch Anpassung des Verarbeitungsmodus, sondern auch durch Anpassung der Verarbeitungsreihenfolge zu versuchen, die Verarbeitung voh Doppelaufgaben zu optimieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010). Late backward effects in the refractory period paradigm: effects of Task 2 execution on Task 1 performance. Psychological Research, 74, 378-387
Ruiz Fernández, S., & Ulrich, R.
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(2011). Determinants of central processing order in PRP paradigms: Central arrival times, detection times or preparation? Quarterly Journal of Experimental Psychology, iFirst, 1-32
Leonhard, T., & Ulrich, R.
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(2011). Dual-task processing when Task 1 is hard and Task 2 is easy: Reversed central processing order? Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 37, 115-136
Leonhard, T., Ruiz Fernández, S., Ulrich, R., & Miller, J.
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(2011). Processing two tasks with varying task order: Central stage duration infuences central processing order, Acta Psychologica, 137, 127-133
Ruiz Fernández, S., Leonhard, T., Rolke, B., & Ulrich, R.