Detailseite
Projekt Druckansicht

Störungsresistenz und Fehlertoleranz bei komplexen Verhaltensleistungen - Untersuchungen an Mechanismen der Wegintegration von Wüstenameisen

Fachliche Zuordnung Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung Förderung von 2008 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 60351604
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Von den im Antrag beschriebenen Versuchen konnte ein Großteil realisiert werden; außerdem wurde eine Reihe neuer experimenteller Wege begangen. Für die Präzision der Steigungsmessung haben wir nun eine realistische Abschätzung erhalten, die es nun ermöglichen sollte, erneut auf die Suche nach beteiligten Rezeptormechanismen und den Algorithmen für die Berechnung der Projektion geneigter Wegsegmente auf die Horizontalebene zu gehen. Die Hypothese, dass es individuelle (idiosynkratische) Missweisungen bei der Steigungsmessung geben könnte, erwies sich dagegen als nicht zutreffend, die Streuungen waren offensichtlich zufällig. Angesichts der beobachteten Präzision der Tiere bei längeren Laufstrecken muss man also vermuten, dass sich zufällige Fehler in ihrer Wirkung gegenseitig aufheben – dies zu untersuchen wäre ein Projekt für künftige Anträge. Für das Einbringen von Störungen bei den Steigungsversuchen liegen erst Vorversuche vor, die weiterzuführen vielversprechend scheint. Dazu hat die AG Wolf durch Versuche mit Wellblech in flachen Kanälen wesentliche Daten gewonnen, die die Robustheit der Wegstreckenmessung durch die Ameisen belegen. Durch Manipulation der für die Tiere verfügbaren Kompassinformation konnten wir mögliche Hierarchien zwischen den Kompasssystemen prüfen und damit Hinweise auf Algorithmen des Wegintegrationsmoduls gewinnen. Der POL-Kompass ist gegenüber idiothetischer Information klar dominant, während eine Konkurrenzsituation zwischen Sonnen- und POL-Kompass zu Kompromissrichtungen führte, die eine ähnliche Gewichtung beider Systeme nahelegen. Ein Transfer von einem Kompasssystem auf das andere ist in beiden Richtungen möglich. Noch nicht fertig ausgewertet sind zwei Versuche, in denen die Himmelskompasse gezielt gestört wurden: durch partielle Übermalung der DRA bzw. durch experimentelle Stückelung von Wegstrecken mit unterschiedlicher Kompassinformation. Von diesen Daten erwarten wir weitere Hinweise auf die Verrechnungsprinzipien des Wegintegrators. Die AG Wolf untersuchte zum einen, wie sich Manipulationen verschiedener Laufparameter auf die Navigationsgenauigkeit auswirken. Dies geschah einerseits durch Einbringen externer Störungen – z.B. Wellblechstrukturen verschiedener Wellenlängen im Kanal, andererseits durch „interne“ Störungen wie Beinamputationen. In beiden Fällen wirkte sich das teils massiv veränderte Laufverhalten kaum auf die Entfernungsschätzung aus. Ein wirklich aufregender Befund ist jedoch der kürzlich gelungene Nachweis, dass die Entfernungsschätzung der Ameisen durch an den Beinen angeklebte Gewichte gezielt manipuliert werden kann – dies eröffnet einen ganz neuen experimentellen Zugang zur Untersuchung des Wegintegrators. Eine weitere Frage im Kontext der Fehlerresistenz betraf das Zusammenwirken der beiden Odometer-Mechanismen, Schrittintegrator und Messung des optischen Flusses, wobei die Versuche zeigten, dass der optische Fluss nur mit einem geringen Gewicht zur Entfernungsschätzung beiträgt. Umso erstaunlicher war das Resultat, dass eine von einem anderen Tiere getragene Ameise die zurückgelegte Entfernung relativ gut nur aus dem optischen Fluss ermitteln kann. Im Laufe der Untersuchungen wurde auch zunehmend mehr Aufmerksamkeit der Bedeutung von Lernvorgängen bei den Futtersuchläufen gewidmet. Dies betrifft sowohl die Phase der Annäherung an eine Futterstelle bei wiederholten Besuchen, andererseits auch die Integration von Auslauf- und Rücklaufdistanz bei – experimentell – diskrepanten Informationen, sowie den Einfluss von Ergiebigkeit und Zuverlässigkeit von Futterstellen. Die Etablierung von einem Konditionierungsparadigma an Cataglyphis durch Matthias Wittlinger eröffnet für die Zukunft interessante Verknüpfungen zwischen den Freilandversuchen und Laborexperimenten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung