Dielektrische Spektroskopie der Hydratation organischer Anionen (II): Carboxylate (vertieft) und Phosphate
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Für das Funktionieren vieler Biomoleküle ist ein spezifisches Muster hydrophober und hydrophiler Bereiche auf deren Oberfläche essentiell. Neben der neutralen Hydroxylgruppe und dem positiv geladenen Ammonium-Rest spielen anionische funktionelle Gruppen eine wichtige Rolle, um die Hydrophilie des Biomoleküls und somit seine Wechselwirkungen mit Wasser und gelösten hydrophilen und/oder geladenen Verbindungen zu steuern. Dazu fungieren im wesentlichen Carboxylat und Phosphat, aber auch Sulfonat und Sulfat spielen eine Rolle. Im Rahmen unseres Projektes und seines Vorgängers wurde die Hydratation und Ionanassoziation von niedermolekularen Modellverbindungen untersucht, die diese anionischen Gruppen enthalten. Hauptsächliche Untersuchungsmethode war die dielektrische Relaxationsspektroskopie (DRS), da diese Technik sowohl Informationen über die mögliche Bildung von Ionenpaaren als auch über die Dynamik des Wassers liefert. Da die Beweglichkeit der Wassermoleküle von ihren Wechselwirkungen mit der Umgebung abhängt, kann im Spektrum die Hydrathülle vom mehr oder weniger unbeeinflussten Rest (“bulk”) des Lösungsmittels unterschieden werden. Der erste Untersuchungschwerpunkt lag auf kurz- bis mittelkettigen Carboxylaten (Format, Acetat, Propionat, Butyrat, Pentanoat, Benzoat), wo durch Variation der Größe des hydrophoben Restes hydrophile und hydrophobe Solvatationseffekte separiert werden sollten. Durch Variation des Gegenions (Li+ , Na+ , K+) sollten Unterschiede in der Kationenbindung durch Carboxylat quantifiziert werden. Tatsächlich konnte mit der im Rahmen dieses Projektes deutlich verbesserten Apparatur in allen Fällen ein schwacher Relaxationsprozess bei ∼ 0.6 GHz nachgewiesen werden. Durch umfangreiche Vergleichsmessungen an wäßrigen NaCl-Lösungen konnten wir erstmals zeigen, dass neben der erwarteten Ionenpaarrelaxation auch die bisher in der Literatur vernachlässigte Ionenwolkenrelaxation zur dieser 0.6 GHz-Mode beiträgt. Da sich beide Beiträge experimentell nicht separieren lassen ergibt sich die unschöne Konsequenz, dass sich mit der DRS für schwach assozierende Elektrolyte, wie die Alkalicarboxylatlösungen dieses Projektes, nur Obergrenzen für die Ionenassoziationskonstante ermitteln lassen. Die Auswertung der für Wasser spezifischen Relaxationsprozesse bei ∼ 18 GHz (bulk) und ∼ 8 GHz (relativ schwach gebundenes “langsames” Wasser) ergab, dass die hydrophile Carboxylatgruppe immer durch etwa 5−6 H2O-Moleküle hydratisiert wird. Das gilt bis zu hohen Konzentrationen, unabhängig vom anhängenden hydrophoben Rest (–R). Wasser in Kontakt mit –R ist in seiner Dynamik ebenso verlangsamt, allerdings jetzt wegen der Optimierung der Wasserstoffbrücken innerhalb der Hydratschale. Für isolierte Anionen nimmt die entsprechende hydrophobe Hydratationszahl mit der Größe des hydrophoben Restes systematisch zu. Sie fällt aber mit steigender Salzkonzentration deutlich wegen zunehmender Anion-Anion-Wechselwirkungen. Bei Pentanoat und Benzoat ergaben sich eindeutige Hinweise auf die Bildung Anionenaggregaten. Der zweite Fokus waren Phosphate. Hier wurden die anorganischen Salze KH2PO4, K2HPO4, NaH2PO4 und Na2HPO4 untersucht. Als organische Phosphate wurden Trimethylphosphat und Kaliumdimethylphosphat gewählt. Bei letzteren sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Bei den anorganischen Phosphaten zeigt sich, dass Hydrogenphosphat (HPO2|4−) deutlich stärker 4 hydratisiert ist als Dihydrogenphosphat (H2PO4−). Im Gegensatz zu den Carboxylaten scheint H2PO4− Kaliumionen etwas stärker zu binden als Na+, wobei nur solvens-geteilte Ionenpaare (SIP) gebildet werden, also im Assoziat Anion und Kation durch ein Wassermolekül getrennt sind. Bei KH2PO4−(aq) bilden sich jedoch sowohl SIP, als auch solvens-separierte Ionenpaare, bei denen sowohl Anion als auch Kation ihre primäre Hydrathülle behalten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Interactions and Dynamics in Electrolyte Solutions by Dielectric Spectroscopy, Phys. Chem. Chem. Phys. 11 (2009) 8984
R. Buchner and G. Hefter
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“Hydration of Formate and Acetate Ions by Dielectric Relaxation Spectroscopy”, J. Phys. Chem. B 116 (2012) 314
H. M. A. Rahman, G. Hefter and R. Buchner