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Das Netz der sakti-pithas, einer Gruppe von heiligen Orten der Göttinenverehrung in Indien

Antragsteller Professor Dr. Harry Falk
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 60925083
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das hier beschriebene Forschungsprojekt hat gezeigt, dass die Verehrung bestimmter Orte als „Sitze der Göttin" ein äußerst vitales Element im zeitgenössischen Hinduismus ist, und dass das Netz der saktipithas von erstaunlicher Relevanz für das hinduistische Selbstverständnis ist. Im Einzelnen lieferte die Forschung einen umfassenden Überblick über die Ausbreitung, Dichte und geographische Verteilung dieses Netzwerks auf dem indischen Subkontinent. Als wichtigstes traditionsspezifisches Netzwerk im Kontext der Göttinnenverehrung ist es ein integrativer Bestandteil des pan-hinduistischen Netzes von heiligen Orten. Die Gruppe der saktipithas umfasst Heiligtümer in städtischen und dörflichen Kontexten, etablierte Orte und Neugründungen, berühmte und unbekannte Orte, textlich belegte und nicht belegte. Die Frage nach den Mitteln, mit deren Hilfe diese ganz unterschiedlichen Orte zu einer Gruppe zusammengefasst werden, war ein Schwerpunkt des Forschungsprojekls. Im Rahmen der regionalen Untersuchung der Vernetzungsmechanismen ergab sich die einmalige Gelegenheit, den Ausbauprozess einiger pitha-Heiligtümer zu beobachten. Dabei kam die Einflussnahme von Seiten der Regierung - auf Bundes- wie auf Landesebene - zum Vorschein, vermittelt durch verschiedene kommunale und lokale Institutionen. Es zeigte sich, dass die saktipithas nicht nur heilige Orte der Göttin sind, berühmt dafür, das materielle Wohlergehen und die religiöse Entwicklung der Gläubigen zu fördern, sondern auch Orte, die nach politischen und ökonomischen Gesichtspunkten im Rahmen einer Politisierung hinduistischer Devotionsformen gezielt ausgebaut und gefördert werden. Der inhaltliche wie methodologische Schwerpunkt des Forschungsprojekts, der sich durch alle Teilaspekte der Forschung zog, war der systematische Vergleich des Textbefundes mit der zeitgenössischen Realität. Damit begab sich die Bearbeiterin auf methodologisches Neuland: Sie verglich die Daten aus der Sanskritliteratur mit denen der lokalsprachigen Literaturen, und diesen doppelten Textbefund wiederum mit den im Feld gesammelten Daten. Sie war so in der Lage, Kontinuitäten und Brüche in der Entwicklungsgeschichte des pitha-Konzepts umfassend und auf verschiedenen Ebenen nachzuweisen. Die Feldstudien hatten nicht nur die Verbreitung des pitha-Netzes im Blick, sondern auch die Beschaffenheit der einzelnen Orte. Mit Hilfe einer Regionalstudie in West Bengalen konnten die Geschichte und Mythologie, die Organisationsstruktur und die Verehrungsformen einer Auswahl von pitha-Heiligtümern exemplarisch vorgestellt werden. Von besonderer Bedeutung ist die Institution der saktipithas noch in einer weiteren Hinsicht: Die saktipithas sind ein eindrückliches Beispiel für den andauernden Prozess der Einbindung lokaler Heiligtümer in die brahmanisch-sanskritische 'Hochtradition', bei dessen gleichzeitiger 'Vitalisierung' durch die regionalen und lokalen, oft tribal geprägten Traditionen. Mit dieser Studie über die saktipithas ist die indologische Forschung wieder um ein Beispiel reicher in Hinblick auf diesen Prozess, der bis heute das Sein des Hinduismus bestimmt. Die Arbeit ist zur Hälfte bis in ihre englische Druckform gediehen und liegt vor.

 
 

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