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Untersuchung der Prozesskette zur Herstellung einer ß-Titan Hohlwelle - Werkstoffcharakterisierung -

Fachliche Zuordnung Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2008 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 65697596
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch das neue Bohrungsdrückverfahren ist es möglich, massive und endkonturnahe Hohlwellen aus β-Titan herzustellen. Dadurch ergeben sich völlig neue Eigenschaftsprofile, welche umfassend charakterisiert werden müssen. Eine umfangreiche Ermittlung der mechanischen Eigenschaften der β-Titanlegierung Ti-10V-2Fe-3Al wurde durchgeführt. Nach Literaturangaben wurde eine Auslagerungswärmebehandlung für eine ausgewogene Kombination von Festigkeit und Duktilität gewählt. Neben dem lösungsgeglühten Ausgangsmaterial wurde der erzeugte ausgelagerte Zustand unter statischer und dynamischer Belastung im Temperaturbereich von RT bis 750 °C geprüft. Durch zyklisch-inkrementelle thermomechanische Behandlungen (kurz: TMB) sowie Walzversuche wurden Gefügeentwicklungen simuliert. Eine Umformtemperatur im Bereich von 650 °C ist für einen erfolgreichen Bohrungsdrückprozess zwingend erforderlich. Niedrigere Temperaturen führen auf Grund hoher Prozesskräfte zum Scherversagen der Bohrungsdrückstempel, höhere Temperaturen stauen das Material (auf Grund der niedrigen Festigkeiten) vor den Drückwalzen auf, was ebenfalls im Versagen der Stempel endet. Mit Hilfe von Härtemessungen und Minizugversuchen, wobei die Proben über die Bauteildicke der umgeformten Hohlwellen entnommen wurden, konnte eine Gradierung der mechanischen Eigenschaften dokumentiert werden. Die Analysen ergaben, dass die Halbzeuge unmittelbar nach der Umformung in Wasser abgeschreckt werden müssen. Andernfalls ist mit einer starken Gradierung der Eigenschaften in Längsrichtung (auf Grund unterschiedlicher Abkühlungsbedingungen) zu rechnen. Durch eine systematische Variation bestimmter Umformfaktoren konnte in Kooperation mit dem Fraunhofer IWU eine schrittweise Verbesserung der mechanischen Eigenschaften erzielt werden. Tendenziell ist nach dem Umformprozess mit den höchsten Festigkeiten im äußeren (R m ≈ 1180 MPa) und inneren (R m ≈ 1080 MPa) Randbereich zu rechnen. Die niedrigsten Festigkeiten liegen in der Mitte der Rohrwände vor (R m ≈ 980 MPa). Die Duktilität nimmt von außen (A ≈ 22 %) nach innen (A ≈ 12 %) tendenziell ab. Die Gleichmaßdehnungen sind nach dem Umformprozess stark reduziert (A g ≈ 1 %). Durch die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Wahl einer kurzen Rekristallisationzeit mit anschließender, zweiphasiger Auslagerung konnten Wellen mit homogenen mechanischen Eigenschaften hergestellt werden. Die maximalen Festigkeitswerte wurden leicht reduziert, die minimalen leicht erhöht (mittlere Zugfestigkeit: R m ≈ 1050 MPa). Die Bruchdehnungen wurden reduziert und nehmen einen mittleren Wert von A ≈ 13 % ein und vor allen Dingen konnte die Gleichmaßdehnung auf A g ≈ 6 % gesteigert werden. Die Ursache für die verbesserten Eigenschaften ist in der veränderten Mikrostruktur begründet. Diese wurde neben der Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften prozessbegleitend untersucht. Für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Festigkeit und Duktilität ist eine gezielte Einstellung des α-Gehaltes (ca. 10 %) notwendig. Durch die lange Auslagerungsdauer der α-Phase ist eine definierte Ausscheidung während des Umformprozesses nicht möglich. Auf Grund der hohen spezifischen Festigkeit der vorliegenden Legierung bietet diese ein erhebliches Potenzial zur Massenreduzierung im Bereich der Luftfahrttechnik. Hier werden aktuell Hydraulikzylinder aus konventionellen Stählen eingesetzt. Durch die Herstellung hohlwellenförmiger Bauteile mittels Bohrungsdrücken aus β- Titan könnte dieser teure Werkstoff effektiv und kostensparend verarbeitet werden. Dazu ist jedoch eine weitere Optimierung und Charakterisierung des Umformprozesses und der daraus resultierenden mechanischen Eigenschaften notwendig. Aus der Literatur ist bekannt, dass die mechanischen Eigenschaften stark von der Belastungsgeschwindigkeit abhängig sind. Zunehmende Dehnungsgeschwindigkeiten führen zu einer Erhöhung der Fließspannung [5]. Erste Untersuchungen bestätigen dieses Verhalten auch für die untersuchte β -Titanlegierung Ti-10-2-3. Zu klären wäre der Einfluss des Gehaltes und der Morphologie der ausgeschiedenen α-Phase auf das dynamische Werkstoffverhalten. Besonders interessant ist dieses Verhalten in Abhängigkeit der Einsatz- oder Prüftemperatur. Diese Daten sind für eine spätere Auslegung von dynamisch belasteten Teilen im Einsatz ebenso notwendig wie für die einzusetzenden Umformprozesse. Des Weiteren sollte der Einfluss der Umformung auf die Auslagerungskinetik gezielt untersucht werden. In Zusammenarbeit mit dem Institut für spanende Fertigung in Dortmund werden aktuell die genannten offenen Fragestellungen zu einem gemeinsamen Forschungs-Antrag zusammengefasst.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2010. Manufacture of a beta-titanium hollow shaft by incremental forming, Springer, Prod. Eng, 5 (2011), S. 227-232
    Neugebauer, R., Meyer, L.W., Halle, T., Popp, M., Fritsch, S., John, C.
  • Manufacturing of β-Titanium Ti-10V-2Fe-3Al spin extruded hollow shafts for high strength power train applications in aerospace and automotive industries. In: Proceedings of the TMS 2010, Volume 1: Materials Processing and Properties, 139th Annual Meeting and Exhibition, 14.2.-18.2.2010, Seattle, USA, ISBN 978-0-87339-751-3, S. 307-314
    Biermann, D., Machai, C.
  • Machining of a Hollow Shaft Made of β-Titanium Ti-10V-2Fe-3Al. In: Proceedings of the 2011 IEEE International Symposium on Assembly and Manufacturing, 25.5.-27.5.2011, Tampere, Finland, ISBN 978-1-61284-343-8/11, S. 1-6
    Biermann, D., Machai, C.
 
 

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