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Kontinuitäten und Wechselwirkungen des Bestattungsverhaltens in Gräberfeldern und Siedlungen des 3. bis 2. Jahrtausends v. Chr. im südlichen Sachsen-Anhalt und angrenzenden Gebieten anhand der Funde seit 1990

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5471121
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Folgende Aspekte des frühbronzezeitlichen Bestattungswesens sind aus dem aktuellen Befund abzulesen: 1. Nur wenige, in der Regel männliche Bestattungen, weisen klare soziale Distinktionsmerkmale auf, die visuell erfahrbar sind. Als Beispiele dienen neben den prunkvollen Häuptlingsgräbern des Typs Leubingen Waffengräber, so z. B. das einen Stabdolch enthaltene Grab 8 von Burk in Ostsachsen oder die Bestattungen von Handwerkern wie aus von Osmünde oder Oberwerschen. 2. Die Beigabenausstattungen der Mehrzahl aller bekannten Bestattungen der Aunjetitzer Kultur stehen in einen krassen Gegensatz zu den Prunkgräbern von Leubingen oder Helmsdorf sowie Krieger- oder Handwerkergräbern des eben bezeichneten Typs. Reich mit Trachtschmuck ausgestattete Frauengräber fehlen. Der Unterschied zwischen diesen auch im Tod in beispielloser Überhöhung behandelten Mächtigen oder Häuptlingen und den in Flachgräberfeldern bestatteten Individuen ist sowohl hinsichtlich des Grabbaus als auch der Beigabenausstattung eklatant groß. 2a. Obwohl sich im donauländischen Vergleichsraum ebenfalls herausragende Bestattungen finden, existiert eine Prunkgrabsitte im Stil der auf Exklusivität und Monumentalität beruhenden Aunjetitzer Parameter dort nicht. Insgesamt ist im Donaugebiet ein höherer Anteil an Metallbeigaben zu verzeichnen. Sozialgruppenspezifische wie altersabhängige Ausstattungsmuster sind hier durch Trachtattribute und sonstige Beigaben vorhanden. Frauen sind anhand diverser Trachtattribute deutlich im archäologischen Befund zu erkennen. Sie haben zudem im Bestattungskontext Anteil an Status anzeigenden Verfügungsformen und besonderen Kompetenzen. 3. Nach Ausweis der bekannten Gräber und unter Berücksichtigung der räumlichen Organisation der Gräberfelder wurde ein repräsentativer Bevölkerungsanteil der Aunjetitzer Kultur Mitteldeutschlands nicht in Gräbern bzw. archäologisch fassbar bestattet. Die Bestattung in Gräbern kann trotz regelhafter proportionaler Beigabenarmut bereits als soziales Distinktionsmerkmal verstanden werden. 4. Die in Mitteldeutschland nach diversen Ausstattungsmustern komponierten Hortfunde stehen zu dem Befund der Gräber in einem direkten Korrelat. Die Darstellung des sozialen Status in monumentaler Überhöhung und Prestigegebaren äußert sich in Mitteldeutschland außer in den Prunkgräbern im Medium der Horte. Neben kollektiven Opfern größeren Umfangs wie z.B. in der Zentrumsregion Dieskau – Halle-Kanena – Gröbers-Bennewitz finden sich personengebundene Ausstattungshorte (bereits ab BzA1). Die Wechselbeziehung von Grab und Hort zeigt sich hier besonders eindrücklich: Bereits Werner Coblenz war die Vergleichbarkeit des weiblich geprägten BzA1-zeitlichen Schmuckhortes von Kyhna in Sachsen mit süddeutschen Frauengrabinventaren wie der Bestattung aus Straubing, Alburger Hochweg 1936 aufgefallen. Die große Anzahl, Quantität und Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung der Aunjetitzer Horte findet hingegen keine Entsprechung im Süddeutschen Raum. Dies gilt auch für das Gebiet der Unterwölblinger Gruppe, wie Alexandra Krenn-Leeb in einer anschaulichen Gegenkartierung mit den Hortenfunden in Aunjetitzer Gebiet deutlich gezeigt hat. Die auch im europäischen Kontext exzeptionellen Prunkgräber wie Leubingen oder Helmsdorf sind eine Überhöhung einzelner hervorragender Männer im Tod, die auf ihre Heroisierung verweisen. Entsprechende Zeugnisse im donauländischen Frühbronzezeitmilieu fehlen. 5. Zu diesem Bild eines restriktiven und gleichzeitig extrem disparaten Bestattungsverhaltens passt die im Rahmen des Projektes herausgearbeitete abweichend zur Regel erfolgte Behandlung eines Teils der Gesellschaft im Tod, den das erwähnte Kategorieystem nicht erfasst und das Vera Hubensack neben weiteren Aspekten in ihrer Dissertation behandelt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Mitteldeutsche frühbronzezeitliche Sonderbestattungen in Siedlungsgruben. Mit einer separaten Einleitung in das Thema von Carola Metzner-Nebelsick. In: N. Müller-Scheeßel (Hrsg.), Irreguläre Bestattungen in der Urgeschichte: Norm, Ritual, Strafe …? Internationale Tagung, Frankfurt a. Main, 3.–4.2.2012 (Frankfurt a. M. 2013)
    Vera Hubensack
 
 

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