Einflussfaktoren auf Geschlechterunterschiede bei der mentalen Rotation im Grundschulalter
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt befasste sich mit Einflussfaktoren auf Geschlechtsunterschiede bei der mentalen Rotation, einer spezifischen Subkomponente räumlich-visueller kognitiver Fähigkeiten. Die durchgeführten Studien tragen durch eine systematische, experimentelle Untersuchung des Einflusses verschiedener Variablen auf die mentale Rotationsleistung von Grundschulkindern zu einem besseren Verständnis der dem Geschlechterunterschied zugrundeliegenden Ursachen und Bedingungen bei. Im ersten Projektzeitraum wurden mit zwei verschiedenen Altersgruppen (Zweit- und Viertklässler) das Stimulusmaterial (Würfelfiguren, Buchstaben, Tierfiguren) und die Erhebungsmethode (psychometrisch vs. chronometrisch) systematisch variiert. Im Anschluss daran wurde die Auswirkung soziokultureller Variablen auf die mentale Rotationsleistung experimentell untersucht, zum einen durch eine situative Stereotypaktivierung, zum anderen durch eine Intervention durch fiktionale Rollenmodelle. Im zweiten Förderzeitraum wurden die gefundenen Einflussfaktoren auf den Geschlechterunterschied noch genauer analysiert und zum Teil erweitert. Hier ging es zum einen um den Einfluss der Stereotypisiertheit und Abstraktheit der Stimuli und zum anderen um denjenigen der Rotationsachse (Rotation in der Bildebene vs. Tiefenrotation). Zu diesem Zweck wurden verschiedene Sets von geschlechtssterotypisierten Stimuli entwickelt. In einem nächsten Schritt wurden die bisherigen Befunde zur Stereotypaktivierung daraufhin weiteranalysiert, ob es sich bei dem gefundenen Effekt einer expliziten Aktivierung von Geschlechterstereotypen um einen „Stereotype-Threat“-Effekt handelt und ob dieser bei einer impliziten Stereotypaktivierung auch auftritt. Zum einen ergaben sich stimulustypabhängige Geschlechtsunterschiede, die in der Regel bei Würfelfiguren am größten waren bzw. hier überhaupt nur auftraten. Des Weiteren erwies sich die Rotationsachse als bedeutsam für den Geschlechtsunterschied. Auch die Geschlechterstereotypisiertheit der Stimuli hatte einen Einfluss auf die Testleistungen. Ferner zeigte sich, dass bereits bei Grundschulkindern Phänomene des „stereotype threat“ und „stereotype lift“ im Kontext von mentalen Rotationsleistungen auftreten können. Diese lassen sich sowohl durch explizite als auch durch implizite Stereotyp-Aktivierungen hervorrufen, sind aber abhängig von anderen Kontextbedingungen. Mit den durchgeführten Studien konnten einzelne zentrale Einflussfaktoren auf Geschlechtsunterschiede bei der mentalen Rotation bereits in frühen Entwicklungsphasen identifiziert und insbesondere im Hinblick auf die Bedeutung von Geschlechterstereotypen genauer beleuchtet werden. Das gesamte Wechselwirkungsgefüge, zu dem u.a. auch hormonelle Einflüsse und neuronale Veränderungen in der Präpubertät gehören, bleibt jedoch Folgestudien vorbehalten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2011). Mental rotation in preadolescence: Does the gender difference in elementary-school children depend on grade and stimulus type? Personality and Individual Differences, 50, 1238-1242
Neuburger, S., Jansen, P., Heil, M., & Quaiser-Pohl, C.
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(2012). A threat in the classroom: Gender stereotype activation and mental-rotation performance in elementary-school children. Zeitschrift für Psychologie, 220, 61-69
Neuburger, S., Jansen, P., Heil, M., & Quaiser-Pohl, C.
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(2012). Gender-specific effects of artificially induced gender beliefs in mental rotation, Learning and Individual Differences, 22, 350-353
Heil, M., Jansen, P., Quaiser-Pohl, C., & Neuburger, S.
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(2012). Influence of rotational axis and genderstereotypical nature of rotation stimuli on the mental-rotation performance of male and female fifth graders. In C. Stachniss, K. Schill, & S. Uttal (Eds.), Spatial Cognition VIII, pp. 220-229. Berlin: Springer
Neuburger, S., Heuser, V., Jansen, P., & Quaiser-Pohl, C.
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(2013). Acceptance and effects of role models in the spatial domain - A storytelling experiment with fourth graders. Frontiers in Psychological and Behavioral Science, 2, 73-88
Neuburger, S., Ruthsatz, V., Jansen, P., Heil, M., & Quaiser-Pohl, C.
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(2013). Mental rotation performance in primary school age children: Are there gender differences in chronometric tests? Cognitive Development, 28, 51-62
Jansen, P., Schmelter, A., Quaiser-Pohl, C., Neuburger, S., & Heil, M.
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(2013). The social relevance and the socio-cultural origins of gender differences in spatial abilities, Folia Sociologica, 43, 17-32
Ruthsatz, V., Neuburger, S., & Quaiser-Pohl, C.
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Geschlechterunterschiede in der mentalen Rotation im Kindesalter: Einflüsse von Testmaterial und Geschlechterstereotypen. Koblenz, Univ. Koblenz-Landau, Diss., 2013. 88 Bl. : Ill., graph. Darst.
Neuburger, S.
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(2014). Is the male advantage in mentalrotation performance task independent? On the usability of chronometric tests and paper-and-pencil tests in children. International Journal of Testing. 14, 1-21
Quaiser-Pohl, C., Neuburger, S., Heil, M., Schmelter, A., & Jansen, P.
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(2014). Pellet figures, the feminine answer to cube figures? Influence of stimulus features and rotational axis on the mental-rotation performance of fourth-grade boys and girls. International Conference on Spatial Cognition, Spatial Cognition 2014: Spatial Cognition IX pp 370-382
Ruthsatz, V., Neuburger, S., Jansen, P., & Quaiser-Pohl, C.
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Can girls think spatially? Influence of implicit gender stereotype activation and rotational axis on fourth graders’ mental-rotation performance. Learning and Individual Differences
Volume 37, January 2015, Pages 169-175
Neuburger, S., Ruthsatz, V., Jansen, P., & Quaiser-Pohl, C.
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Cars or dolls? Influence of the stereotyped nature of the items on children's mental-rotation performance. Learning and Individual Differences, Volume 43, October 2015, Pages 75-82
Ruthsatz, V., Neuburger, S., Jansen, P., & Quaiser-Pohl, C.