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Zum Einfluss der Farbe auf die Lautheit

Fachliche Zuordnung Akustik
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 85931975
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurde die Beeinflussung von Lautheitsurteilen durch gleichzeitig dargebotene Farbreize untersucht. Auch im Hinblick auf Anwendungsbereiche wie sound engineering oder sound-quality design sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Farben Erhöhungen oder Verminderungen der Lautheitsbewertung bewirken, und welche Faktoren die dabei auftretenden audio-visuellen Interaktionen beeinflussen. In psychoakustischen Experimenten beurteilten Probanden die Lautheit synthetischer, technischer und natürlicher Schalle, während ihnen verschiedenfarbige optische Stimuli in Form von Farbflächen, Standbildern oder Bewegtbildern dargeboten wurden. Die Ergebnisse der meisten Experimente wiesen dabei eine deutliche Gruppenbildung auf: etwa 40% der Probanden ließen sich in ihren Lautheitsurteilen von den gezeigten Farben beeinflussen, die übrigen Versuchsteilnehmer zeigten kaum Farbabhängigkeiten des Lautheitsurteils. Die beobachteten signifikanten Effekte bei Probanden mit Farbeinflüssen deuten darauf hin, dass umgangssprachlich als „schreiend“ bezeichnete Farben mit hohem Rotanteil im Vergleich zu wenig oder nicht schreienden Farben wie Grün und Grau in den meisten Fällen zu einer Erhöhung der Lautheitsbewertung um etwa 12% führen. Es konnten keine Hinweise auf Pegel- oder Frequenzabhängigkeiten des Farbeinflusses gefunden werden. Die experimentellen Ergebnisse von Probanden mit Farbeinflüssen auf das Lautheitsurteil konnten auf Basis des schreienden Farbeindrucks, der hauptsächlich durch die Buntheit einer Farbe bestimmt ist, mit einem mathematischen Modell für synthetische, technische und natürliche Stimuli in guter Näherung nachgebildet werden. Als eine mögliche Ursache für gewisse Abweichungen zwischen Experimentaldaten und Modellvorhersagen wurden auch kognitive Effekte diskutiert. Probanden bewerteten beispielsweise Sportwagen, die in typischen Farben (rot) gezeigt wurden, als lauter im Vergleich zu Fahrzeugen mit ungewöhnlicher Farbgebung (hellgrün). Als weitere potentielle Einflussfaktoren auf die Interaktion zwischen auditorischer und visueller Sinneswahrnehmung wurde die Art der optischen Darbietung untersucht. Hinsichtlich Änderungen der optischen Stimuluspräsentation mit dem Ziel einer erhöhten Realitätsnähe konnten keine Unterschiede zwischen Monitor- und vergrößerter Leinwanddarbietung gefunden werden. Die Verwendung optischer virtueller Realitäten in einer CAVE zeigte keine Begünstigung audiovisueller Interaktionen. Allerdings sollten vor einem endgültigen Urteil die Details der Präsentation noch verbessert werden. Entgegen der Erwartung zeigte sich bei nur drei von fünfzehn Versuchsteilnehmern eine Korrelation zwischen Farbpräferenz und Lautheitsbeurteilung. Bei diesen Probanden führten beliebtere Farben zu geringfügig niedrigeren Lautheitsbewertungen. Zusätzlich zu den beschriebenen psychoakustischen Untersuchungen wurden Hirnaktivierungsstudien mittels funktioneller Magnetresonanztomographie durchgeführt, um Hinweise auf Hirnregionen zu erhalten, die bei der Wahrnehmung verschiedener audio-visueller Stimuli beteiligt sind. Während hinsichtlich verschiedener Farben keine Unterschiede in der Hirnaktivierung feststellbar waren, wurden bei der Verarbeitung zueinander passender audio-visueller Reize (Zuggeräusch mit Zugbild) sowohl der auditorische als auch der visuelle Cortex stärker aktiviert als dies bei unpassenden Stimuli (Zuggeräusch ohne Zugbild) der Fall ist. Areale im superioren temporalen Cortex zeigten hingegen, wie auch aus der Literatur bekannt, stärkere Aktivierung bei nicht zusammenpassenden Stimuli. Passende und unpassende audio-visuelle Reize scheinen also im Gehirn auf unterschiedliche Weise verarbeitet zu werden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass systematische audio-visuelle Interaktionen zwischen Farbe und Lautheitsurteil bei etwa 40 % der untersuchten Personen nachgewiesen werden konnten. Obwohl signifikante farbinduzierte Lautheitsunterschiede auftreten, zeigen sie mit im Mittel etwa 12% im Vergleich zu typischen psychoakustischen Phänomenen eine eher geringe Effektstärke. Vor dem Hintergrund steigender Anforderungen an den Klang von Produkten kann jedoch die Berücksichtigung von Farbeinflüssen auf das Lautheitsurteil im Rahmen des sound-quality designs von Vorteil sein. Allerdings müssten vor der Umsetzung in die Praxis die Ursachen für Unterschiede bei audio-visuellen Interaktionen verschiedener Versuchspersonengruppen erforscht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Influence of vehicle color on loudness judgments. J. Acoust. Soc. Am. 123, 2477-2479 (2008)
    Menzel, D., H. Fastl, R. Graf, J. Hellbrück
  • Crying Colours and their influence on loudness judgments. In NAG/DAGA 2009, 1528-1531 (Dt. Gesell. für Akustik e.V., Berlin 2009)
    Menzel, D., T. Dauenhauer, H. Fastl
  • Most comfortable level of speech under different illuminations. In Proc. Euro Noise 2009, Edinburgh, CD-ROM (2009)
    Menzel, D.
  • Colour-influences on loudness judgements. In Proc. 20th ICA Sydney, CD-ROM (2010)
    Menzel, D., N. Haufe, H. Fastl
  • Zum Einfluss der Farbpräferenz auf die Lautheitsbeurteilung. In Fortschritte der Akustik, DAGA'10, 873-874 (Dt. Gesell. für Akustik e.V., Berlin 2010)
    Menzel, D., T. Schulze, H. Fastl
  • An active free-field equalizer for headphones used in functional magnetic resonance imaging. Acoustical Science and Technology 32, 251-254 (2011)
    Menzel, D., H. Fastl, Th. Brandt, Th. Stephan
  • Zum Einfluss der optischen Darbietungsweise auf audio-visuelle Interaktionen beim Lautheitsurteil. In Fortschritte der Akustik, DAGA'11, (Dt. Gesell. für Akustik e.V., Berlin 2011)
    Menzel, D., A. Gottschalk, N. Haufe, F. Völk, H. Fastl
  • Zum Einfluss von Farben auf das Lautheitsurteil. Elektrotechnik. Verlag Dr. Hut, München, 2011. ISBN 978-3-86853-971-4, 123 Seiten
    Menzel, D.
 
 

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