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Von der Mathematik zur Logik. Paradigmen der frühen arabischen Philosophie (9./10. Jhd.)

Fachliche Zuordnung Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung von 2008 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 86280063
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Auf inhaltlicher Ebene besteht das Hauptergebnis in der Einsicht, dass die frühen arabischen Reflexionen über Sprache und die Auseinandersetzungen verschiedener intellektueller Strömung erheblich vielschichtiger sind als in der Literatur dargestellt (in der üblichenweise plakativ von einer Dichotomie zwischen den 'eigenen' Wissenschaften wie der Grammatik und der Theologie und den 'fremden' Wissenschaften, also der Philosophie, gesprochen wird) und von mir bei Antragsstellung erwartet. Wie bereits die bisher bearbeitete Literatur erkennen lässt, finden Diskussionen über Sprache, ihr Verhältnis zum Denken, ihren Bezug auf die Wirklichkeit im Rahmen verschiedener Zirkel statt: nicht nur der Grammatiker und Logiker, sondern auch der Theologen (mutakallimun) sowie der Rechtsgelehrten (fuqaha) - um nur zwei weitere sozial höchst bedeutende Gruppierungen zu nennen. Bekannt ist schon seit langem die Rivalität zwischen den Grammatikern und den Logikern; wie sich im Laufe der Arbeit herausstellte, war die soziale Wirklichkeit jedoch weit komplexer. So standen offensichtlich genau wie die Logiker auch die Grammatiker unter Druck, etwa von Seiten der mutakallimun. Wie die Logiker versuchten sie, gegenüber den anderen sprachlichen Disziplinen ihren Eigenwert unter Beweis zu stellen, ihren Gegenstand vom Stigma des Propädeutischen zu befreien sowie die Deutungshoheit über Sprache für sich zu reklamieren. Obschon es mir angesichts der Materialfülle und der gerade angedeuteten Vielschichtigkeit der untersuchten Problematik nicht geglückt ist, wie geplant auch noch das Aufkommen der Logik mit dem Verschwinden der Mathematik als Leitmethode zu kontrastieren, lässt sich angesichts der geschilderten Befunde doch zumindest die folgende tentative These aufstellen (die mir als Hypothese für meine weitere Forschung dient): Dass die Logik aufkommt und die erwähnte Prominenz gewinnt und dass dies in einem Zeitraum geschieht, der hierfür scheinbar so ungünstig ist, lässt sich auf zwei zentrale Besonderheiten zurückführen. Erstens, auf die fundamentale Bedeutung, die Sprache und mithin Reflexionen über Sprache (und ihr Verhältnis zur Wirklichkeit) gerade in diesem Zeitraum (frühes 9. Jahrhundert) gewinnen. Zu fragen wäre also vielmehr, weshalb ausgerechnet in dieser Periode linguistisch-semantische Fragen insgesamt ein solches Gewicht gewinnen. Zweitens lässt sich die besagte Entwicklung der Logik durch Verweis auf die übrigen mit Sprache befassten Disziplinen erklären. Zwar steht die Logik in der Tat unter Rechtfertigungsdruck, doch unterscheidet sie sich hierin nicht von den anderen Wissenschaftszweigen. Wie ihre Geschwisterdisziplinen entfaltet sie sich in der Formierungsphase arabisch-islamischen Geistesleben und ist damit genau wie diese der Schwierigkeit ausgesetzt, sich ihren Platz in der Gesellschaft und im Kanon der Wissenschaften überhaupt erst erobern zu müssen. Dies ist selbstverständlich kein positives Argument für die weitere Karriere der Logik, zeigt aber, dass die historischen Bedingungen hierfür gar nicht so sehr von jenen der anderen intellektuellen Bereiche verschieden waren.

 
 

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