Charakterisierung tDCS-vermittelter neuromodulatorischer Effekte auf das schmerzverarbeitende System
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Teilprojekt A wurden keine modulierenden Effekte einer Sitzung kathodaler oder anodaler transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) mit 1 mA für 15 min auf eine umfangreiche etablierte somatosensorische Testbatterie mit schmerzhaften und nicht schmerzhaften Testreizen (QST, quantitativ sensorische Testung des Deutschen Forschungsnetzes Neuropathischer Schmerz) und auf die Schmerzhaftigkeit von repetitiven Hitzereizen im Vergleich zur Scheinstimulation bei gesunden Probanden gefunden. In der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) zeigten sich demgegenüber signifikante Veränderungen in Mittelhirn und Hirnstammarealen im differentiellen Vergleich zwischen anodal und kathodaler Stimulation versus Shamstimulation (s.o.). Da bekannt ist, dass es bei chronischen Schmerzerkrankungen zu strukturellen und funktionellen Umbauprozessen des zentralen Nervensystems kommt, wurde die Hypothese formuliert, dass eine Sitzung anodale oder kathodale tDCS für 15 min mit einer Intensität von 1 mA die Schmerzhaftigkeit von elektrischen sowie phasischen und tonischen thermischen Testreizen bei Patienten mit vorbestehenden chronischen Rückenschmerzen im Gegensatz zu gesunden Probanden moduliert. Auch in diesem Kollektiv kam zu keiner relevanten Beeinflussung der Schmerzhaftigkeit der Testreize durch die tDCS. Auch die Schmerzhaftigkeit der Rückenschmerzen selbst wurde nicht in klinisch relevantem Ausmaß beeinflusst. In Zusammenschau der Ergebnisse dieses Projektes hat weder eine einmalig für 15 min mit einer Intensität von 1 mA über dem linken Motorkortex verabreichte anodale noch kathodale tDCS modulierende Effekte auf die Schmerzhaftigkeit von phasischen und tonischen Testreizen verschiedener Modalitäten. Allerdings deuten unsere funktionellen Bildgebungsergebnisse darauf hin, dass tDCS unterschwellig in die affektiv-motivationale Schmerzverarbeitung eingreift, ohne auf Perzeptionsebene signifikante und klinisch relevante Veränderungen der Schmerzwahrnehmung zu bewirken. Dies kann an dem von uns gewählten Stimulationsparadigma liegen. Basierend auf der zum Zeitpunkt der Antragstellung verfügbaren Publikationen war zunächst von der Wirksamkeit der anodalen tDCS über dem Motorkortex ausgegangen worden, so dass im Verlauf - basierend auf neueren Publikationen - alle Teilprojekte um kathodale tDCS erweitert wurden. Da im ersten Teilprojekt keine relevante Modulation der tDCS- vermittelten Effekte auf das schmerzverarbeitende System nachweisbar waren, wurden ergänzende Untersuchungen mittels Laserschmerzreizen und der Bestimmung des nozizeptiven Flexionsreflexes zurückgestellt. Auch die geplante Untersuchung im MEG (Teilprojekt C) wurde nicht durchgeführt, jedoch ein ergänzendes Teilprojekt D an Patienten mit vorbestehenden chronischen Schmerzen eingeführt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Single-session tDCS moduliert somatosensorische Modalitäten im Rahmen der quantitativen sensorischen Testung und die Beurteilung der Schmerzhaftigkeit von überschwelligen Hitzereizen nicht.“ Deutscher Schmerzkongress 2010, Mannheim
Schulte A, Jürgens T, Klein T, May A
- Transcranial direct current stimulation does neither modulate results of a quantitative sensory testing protocol nor ratings of suprathreshold heat stimuli in healthy volunteers. European Journal of Pain. 2012 Oct; 16(9):1251-63
Jürgens TP, Schulte A, Klein T, May A
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/j.1532-2149.2012.00135.x) - Transcranial direct current stimulation for the reduction of clinical and experimentally induced pain: a systematic review and meta-analysis. Clin J Pain. 2012 Juni;28(5):452–61
Luedtke K, Rushton A, Wright C, Geiss B, Juergens TP, May A
(Siehe online unter https://doi.org/10.1097/AJP.0b013e31823853e3) - Within-session sensitization and between-session habituation: A robust physiological response to repetitive painful heat stimulation. European Journal of Pain 16 (2012) 401–409
A. May, R. Rodriguez-Raecke, A. Schulte, K. Ihle, M. Breimhorst, F. Birklein, T. Jürgens
(Siehe online unter https://doi.org/10.1002/j.1532-2149.2011.00023.x)