Zentralprojekt: "Märkte - Netzwerke - Räume". Wirtschaftsbeziehungen und Migrationsprozesse in der Frühen Neuzeit (1500-1800)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projektbündel Märkte – Netzwerke – Räume. Wirtschaftsbeziehungen und Migrationsprozesse in der Frühen Neuzeit (1500–1800) wurde mit vier Teilprojekten und einem gemeinsamen Rahmenprogramm durchgeführt. Die Forschungen der Teilprojekte basierten auf den Leitbegriffen Märkte, Netzwerke, Räume und Migrationsprozesse. Das Arbeitsprogramm verfolgte das Ziel, Märkte nicht nur als abstrakte Mechanismen von Angebot und Nachfrage sowie der Preisbildung zu untersuchen, sondern als ausdifferenzierte Form situierter sozialer Interaktion mit einem breiten Repertoire an kulturellen und sozialen Faktoren. Mit dieser Perspektive trägt das Projektbündel zur Entwicklung einer Geschichte des Wirtschaftens bei, die von den Praktiken der Akteure und damit von den sozialen und kulturellen Grundlagen ausgeht. Märkte entstanden im Kontext von komplexen mehrschichtigen Netzwerken des Gütertransfers, des Zahlungsverkehrs, verfügbarer Verkehrswege und Infrastrukturen, persönlicher Beziehungen, Wissensnetzwerken und damit verbundener Vorstellungen von wirtschaftlichen Räumen. Die Analyse von Märkten als Resultat strukturierter sozialer Interaktion zur Lösung der drei grundlegenden Koordinierungsprobleme von Konkurrenz, Kooperation und Bewertung von Tauschpartnern und Tauschobjekten eröffnete dabei neue Perspektiven zur systematischen Erforschung von Märkten. Die Zusammenhänge von Personenbeziehungen und Produktqualitäten, wie sie in der neueren Marktsoziologie und zunehmend auch in der Wirtschaftsgeschichte thematisiert werden, eröffnen neue Erklärungsansätze für die Handelspraktiken frühneuzeitlicher Kaufleute im Zusammenhang mit der Konstituierung von Märkten. Zwischen den Märkten ließen sich nicht einfache lineare Verbindungen feststellen, vielmehr liefen die Beziehungen zwischen Märkten innerhalb der unterschiedlichen Netzwerke zeitlich wie räumlich über sehr unterschiedliche Verbindungen. Für die Akteure auf den Märkten bestand daher die Herausforderung, diese unterschiedlichen Relationen im Rahmen ihrer Geschäfte zu koordinieren. Die räumliche Dimension von Märkten tritt auch in der Mobilität der Akteure hervor. Neben der temporären Anwesenheit auf vom Wohnsitz entfernten Märkten ließ sich die Migration von Kaufleuten, um durch die dauerhafte Niederlassung an auswärtigen Standorten an Märkten zu partizipieren, in allen Teilprojekten beobachten. Die Forschungen der Projektgruppe ergaben, dass die vier inhaltlich unterschiedlich ausgerichteten Teilprojekte erfolgreich mit diesem gemeinsamen Forschungsprogramm arbeiten konnten. Im Kontext der empirischen Untersuchungen konnte das Arbeitsprogramm in engem Bezug zu praktischen Forschungsfragen weiterentwickelt werden.