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Neuronale Dynamik des Kopfrechnens - eine fMRI-geleitete TMS-Studie

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 92424172
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurden die neuralen Korrelate des arithmetischen Faktentrainings untersucht, um nähere Informationen zur Funktion einzelner parietaler Hirnareale zu erhalten (Gyrus angularis, GA; intraparietaler Sulcus, IPS). Zusätzlich wurde untersucht, inwieweit sich der Übertrag in Additions- und Subtraktionsaufgaben auf die Trainingsleistung auswirkt und welchen Zusammenhang es zwischen ordinalen numerischen Kompetenzen und dem Kopfrechnen gibt. Im Projekt wurden erfolgreich 17 Probanden insgesamt zweimal mittels fMRT vor und nach einem Training komplexer Additions- und Subtraktionsaufgaben (z.B. 54 + 17 = 71) getestet. Dabei wurden für beide arithmetischen Operationen jeweils arithmetische Probleme generiert, die sorgfältig hinsichtlich der wichtigsten numerischen Eigenschaften (Problemgröße, Parität, nicht Teil einer Multiplikationsreihe) balanciert sind. Im Anschluss an die zweite fMRT-Messung wurde bei 10 Probanden mittels repetitiver 1-Hz transkranieller Magnetstimulation über dem linken GA und über linkem und rechtem IPS eine virtuelle Läsion erzeugt, um die kausale Bedeutung dieser Areale für Addition und Subtraktion zu untersuchen. Ordinale numerische Kompetenzen wurden im fMRT erhoben. Dazu sollten Probanden beurteilen, ob dargebotene Zahlen-Triplets numerisch aufsteigend sind (z.B. 1__4__8) oder nicht (z.B. 1__8__2). Das Training führte zu einer deutlichen Leistungssteigerung der Probanden, die zuvor trainierte arithmetische Probleme schneller und weniger fehlerhaft bearbeiten konnten. Durch die sorgfältige Kontrolle der Anforderungen in den verschiedenen arithmetischen Operationen mit und ohne Übertrag konnte ein für alle Problemtypen vergleichbarer Trainingseffekt erreicht werden. Diese Verbesserung ging auf neuraler Ebene mit Aktivierungen in einem gedächtnis-bezogenen Netzwerk einher, bestehend aus bilateralem GA und IPS, Hippocampus und retrosplenialem Kortex. Die virtuelle Läsion durch TMS hatte keine differentiellen Auswirkungen auf die Rechenleistung, weder für trainierte noch für untrainierte Probleme. Auf neuraler Ebene fanden sich dennoch Anzeichen für eine Mehraktivierung des IPS bei Subtraktionsaufgaben im Vergleich zu Additionsaufgaben. Durch die Kombination klassischer univariater Auswertungen mit innovativen multivariaten Verfahren, die sowohl im 2D-Raum als auch im 3D-Raum implementiert wurden, konnten wir ein rechts-lateralisiertes Netzwerk bestehend aus anteriorem IPS und BA44 ermitteln, das ordinale numerische Kompetenz mit symbolischen Kopfrechenfähigkeiten verbindet. Eine weiterführende multivariate Auswertung der Trainingseffekte dauert an. Erste Ergebnisse deuten auf eine bedeutende Rolle des retrosplenialen Kortex beim Erwerb arithmetischer Fakten hin. Demgegenüber lassen sich im GA und Hippocampus die Aktivierungsmuster trainierter Probleme nicht von untrainierten unterscheiden, was auf eine reine Amplitudenmodulation des BOLD-Effekts in diesen Arealen hindeutet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ergebnisse des Projekts neue Erkenntnisse hinsichtlich der neuralen Korrelate des arithmetischen Faktenerwerbs liefern und den GA im Vergleich zum retrosplenialen Kortex weniger wichtig erscheinen lassen. Sollten sich diese Befunde erhärten, müsste das derzeit wichtigste Modell der Zahlenverarbeitung (Triple Code Modell; Dehaene & Cohen, 1995) aktualisiert werden, das dem GA eine entscheidende Rolle beim Erwerb (einfachen) arithmetischen Faktenwissens zumisst. Zudem konnte ein recht-lateralisiertes Netzwerk bestehend aus BA44 und anteriorem IPS identifiziert werden, das zur Verarbeitung ordinaler Informationen im Kontext von Kopfrechenaufgaben beiträgt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011) Micro and macro pattern analyses of fMRI data support both early and late interaction of numerical and spatial information. Frontiers in Human Neuroscience. 5:115
    Koten, J.W., Lonnemann, J., Willmes, K., & Knops, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fnhum.2011.00115)
  • (2011). Micro- and macro pattern analyses of fMRI data support both early and late late interaction of numerical and spatial information. [Abstracts zur 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropsychologie], Zeitschrift für Neuropsychologie, 22(3), 200
    Knops, A., Lonnemann, J., Willmes, K., Koten, J.
  • (2011). What the distance congruity effect can tell us about the locus of numerical-spatial interactions. In: Bittrich, K., Blankenberger, S., Lukas, J. (Hrsg.) Experimentelle Psychologie. Beiträge zur 53. Tagung experimentell arbeitender Psychologen (S. 92), Lengerich: Pabst
    Knops, A., Lonnemann, J., Koten, J., Willmes, K.
  • (2012). Micro and macro pattern analyses of fMRI data support both early and late interaction of numerical and spatial information. 30th European Workshop on Cognitive Neuropsychology, Bressanone/Italy
    Knops, A., Lonnemann, J., Koten, J., & Willmes, K.
  • (2013). Examining the presence and determinants of operational momentum in childhood. Frontiers in Psychology
    Knops, A., Zitzmann, S. & McCrink, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fpsyg.2013.00325)
 
 

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