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Komposition und Redaktion der drei "Großen Propheten" (Jesaja, Jeremia, Ezechiel)

Antragsteller Professor Dr. Uwe Becker
Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2009 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 92977251
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die breit angelegte Fragestellung nach dem Verhältnis der drei Großen Propheten wurde bewußt auf die Untersuchung repräsentativer Texte und Themen begrenzt. Dabei traten einige vorläufige Beobachtungen und Ergebnisse zutage, die hier zusammengefaßt werden sollen: 1. Die Bücher der drei Großen Propheten weisen eine ähnliche, auf verschiedenen Ebenen beobachtbare literarische Interdependenz auf, wie sie schon im Blick auf Jesaja und das Dodekapropheton festgestellt werden konnte. Dabei sind die Beziehungen zwischen Jesaja und Jeremia – erwartungsgemäß – größer als die Bezüge zum Ezechiel-Buch, dessen Sonderstellung sich insgesamt bestätigt hat. Zumal was Entstehungszeit und -ort angeht, liegen Jes und Jer offenbar recht eng beieinander. Zu denken ist an das geistige Umfeld des Zweiten Tempels, an dem die verschiedenen Traditionen zusammengeflossen und in die Prophetenbücher Jes und Jer eingegangen sind. Dabei sind die Ähnlichkeiten zwischen Jes und Jer nicht mit der Kenntnis eines schon vorliegenden Buches (also Jes) zu erklären, sondern mit vielfältigen literarischen Interdependenzen. Ein sprechendes Beispiel sind die sogenannten Ungehorsamstexte im Jes-Buch: Sowohl in Jes 1–39 als auch in Jes 40–55 gibt es eine Reihe von Texten, die den Ungehorsam des Gottesvolkes und seine bleibende Unbußfertigkeit aufzeigen (z.B. Jes 1,2–20; 30,6–17 einerseits, 43,22–28; 48,1–11 andererseits). Diese Texte wurden gelegentlich mit dem Etikett „deuteronomistisch“ versehen, sind damit aber nur unzureichend erfaßt. In Wirklichkeit liegt hier eine planvolle Bearbeitung der Jesaja-Überlieferung vor, die – vermutlich in der mittleren Perserzeit – die Thematik des Ungehorsams in die vorliegende Prophetenüberlieferung einschreibt: zum einen rückblickend als Erklärung des Untergangs im Rahmen der erzählten Zeit der Prophetenbücher (Jes 1– 39), zum andern gegenwarts- und zukunftsorientiert als Erklärung des ausbleibenden Heils (Jes 40–55). Diese Redaktionsvorgänge dürften bereits ein zusammenhängendes „Großjesajabuch“ voraussetzen. Zugleich und wohl auch räumlich benachbart ist auch die Jeremia-Überlieferung in diesem Sinne bearbeitet worden, wie man prägnant etwa an Jer 2–6 ablesen kann. Hier ist auch der gewöhnlich (aber eben viel zu einfach) als „deuteronomistische Redaktion“ titulierte Textbestand zu nennen. 2. Einige Fallstudien (z.B. zum Taumelbecher in Jes 51 und Jer 25) sowie kompositionskritische Gesichtspunkte sprechen dafür, daß der Kern der deuterojesajanischen Sammlung und eine (noch näher zu bestimmende) Fassung des Jeremia-Buches einmal ein kleines Korpus für sich gebildet haben könnten. Wenn wesentliche Editionsphasen des Jes- und Jer-Buches tatsächlich im Umkreis des Zweiten Tempels in Jerusalem stattgefunden haben, gewinnt eine solche Annahme einen gewissen Reiz. Sie läßt sich indes nicht strikt beweisen, sondern nur vermuten. 3. Was die technische Seite der gemeinsamen Bearbeitungen von Prophetenbüchern angeht, legen sich zwei Voraussetzungen nahe: (1) Die bearbeiteten Rollen müssen zunächst Unikate gewesen sein. Erst später kommt es, wie man beispielhaft am Jer-Buch ablesen kann, zu einer Gabelung von Überlieferungswegen. – (2) Angesichts einer relativ geringen Quote an Lese- und Schreibkundigen und den relativ bescheidenen materiellen Verhältnissen im Jerusalem der Perserzeit muß der Kreis der Bearbeiter der Rollen außerordentlich klein gewesen sein. Es ist gut vorstellbar – und angesichts des literarischen Befundes wohl auch gar nicht anders denkbar ! –, daß die Bearbeiter aus den Kreisen der Schriftgelehrten kamen, die räumlich eng beiander in den Gebäuden des Jerusalemer Tempels, gleichsam Tür an Tür, gearbeitet haben. Man mag als Analogie an die Siedlung von Qumran und die dort entdeckten Schreib- bzw. Bibliotheksräume denken, um eine ungefähre Analogie zu gewinnen. Zu verweisen ist schließlich auf einen Artikel im Uni-Journal der Friedrich-Schiller-Universität Jena vom November 2011, der sich (allgemeinverständlich und notwendigerweise vereinfachend) an die Öffentlichkeit der Jenaer Universität richtete (http://www.uni-jena.de/uni_journal_11_2011_forschung.html).

 
 

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