Das Theater in Apollonia (Albanien) - sein urbaner Kontext und seine kulturgeschichtliche Bedeutung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zentrum des Projekts steht das Theater von Apollonia, einem der großen griechischen Theaterbauten in einer der bedeutendsten griechischen Metropolen des Adriatischen Meeres. Im späten 7. Jh. v.Chr. wurde Apollonia von Korinth aus gegründet, muss sich, wie die Erschließung unveröffentlichter Magazin-Bestände ergab, schnell entwickelt haben und erhielt in archaisch-klassischer Zeit eine Reihe reich verzierter Tempelbauten. Unseren Untersuchungen zur urbanen Struktur zufolge fügte man einer archaischen Oberstadt (mit engen Straßen und Wohnblöcken) in klassischer Zeit eine ausgedehnte Unterstadt an, mit ungewöhnlich großzügig gestalteten Verhältnissen. Das Theater, das als größtes Monument Bezüge sowohl zur oberhalb gelegenen Ober- wie zur unterhalb liegenden Unterstadt aufweist, wurde in frühhellenistischer Zeit an relativ zentraler Stelle des Ortes, zudem an einer die Unterstadt mit der hellenistischen Agora verbindenden Hauptstraße errichtet. Bereits in den 1970er Jahren hatten albanische Archäologen das Theater in großen Teilen ausgegraben, doch fehlten eine systematische Auswertung der Architektur und zugleich eine Rekonstruktion. Durch die zeitgemäße Neuaufnahme der zahlreichen Architekturelemente einerseits und gezielt angesetzte Schnitte andererseits – an der Nordparodos, in der Orchestra, am Koilon und im Bereich einer Stoa – konnten die bauliche Gestalt des Theaterkomplexes mitsamt seiner Entwicklung und Datierungen erschlossen werden. Insbesondere ließen sich die Gestalt des Bühnenhauses rekonstruieren, ferner die enorme Ausdehnung des Koilon bestimmen und viele Details der architektonischen Ausstattung erkennen. Zu den Besonderheiten gehört eine dorische Säulenstellung auf der Bühne mit einem ionischen Proskenion, Säulenschranken, welche seitlich das Bühnengebäude rahmten und in Bogentoren endeten, sowie eine hellenistische, breite Stoa "post scaenam". Mit ihrer Ausrichtung nach Westen und weithin sichtbaren Lage stellt sie sich als ein Element der sich herauskristallisierenden Stadtfassade Apollonias dar. Exedren in der Halle verdienen ferner Erwähnung. Zwei Umwandlungen sind nach den Neu-Bewertungen zu erkennen: Die Umgestaltung in ein Arenatheater, bei der eine hohe Balustrade anstelle der Prohedrie eingefügt und die Orchestra seitlich verschlossen wurden, lässt sich in die frühere römische Kaiserzeit datieren. In einem zweiten Schritt im 2. Jhd. n. Chr. vergrößerte man dann die Arena und legte das Bühnenhaus nieder. Installationen wurden eingerichtet, die es ermöglichten, flexibel unterschiedliche Holzgestelle in steinernen Schäften zu verankern; zu denken sind etwa an eine hölzerne Bühne oder ein Gladiatoren-pons. Kellerartige Gruben verdeutlichen zudem das Geschehen der Gladiatorenkämpfe. Das Ende des Gebäudes fällt in die erste Hälfte des 3. Jhd. n.Chr. und damit in die Zeit des Niederganges Apollonias. Unter den Funden eröffnen die großen Mengen römischer Gebrauchskeramik aus den Auffüllschichten der Arena zum ersten Mal einen Einblick in die lokale Produktion der Stadt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Das Theater von Apollonia (Albanien). Ein Vorbericht, RM 114, 2008, 17–29
A. Angelinoudi – J. Bäuerlein
- Das Theater von Apollonia (Illyrien/Albanien) - Neue Forschungen zum hellenistischen Koilon und seinem römischen Umbau, in: U. Wulf-Rheidt – H. Bankel – A. Schwarting (Hrsg.), Bericht über die 47. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung vom 16. bis 20. Mai 2012 in Trier (Stuttgart 2014) 93–100
St. Franz – V. Hinz
- The Architecture of the Greek Theatre of Apollonia in Illyria (Albania) and its Transformation in Roman Times, in: R Frederiksen – E.R. Gebhard – A. Sokolicek (Hrsg.), The Architecture of the Ancient Greek Theatre: Acts of an International Conference at the Danish Institute at Athens 27-30 January 2012, Monographs of the Danish Institute at Athens 17 (Athen 2015) 335–349
St. Franz – V. Hinz
- Theatergebäude und ihre Funktion in der Polis frühhellenistischer Zeit, in: A. Matthaei – M. Zimmermann (Hrsg.), Hellenistische Polis als Lebensform (Mainz 2015) 99–122
H. von Hesberg
- Fragmente verschiedener Steingefäße aus dem Theater von Apollonia, in: M. Aufleger – P. Tutlies (Hrsg.), Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, Festschrift Jürgen Kunow, Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland 27 (Bonn 2018) 7–12
H. von Hesberg