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Politische Reformen und der Rückgang der Sterblichkeit: Eine Empirische Analyse der Schweizer Kantone von 1870-2000

Fachliche Zuordnung Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 244446126
 
Einer der spektakulärsten demographischen Episoden in der europäischen Geschichte ist der Rückgang der Sterblichkeit. Die Lebenserwartung in Deutschland etwa stieg von 37 Jahren im Jahre 1871 auf 61,3 im Jahre 1933; in der Schweiz stieg sie von 40 Jahren in 1875 auf 63.4 Jahre in 1945. In diesem Forschungsprojekt untersuchen wir, inwieweit politische Reformen zu diesem dramatischen Rückgang der Mortalität beigetragen haben: zum einen die Ausbreitung des Proporzsystems in europäischen Parlamenten; zum anderen, der Ausbau der politischen Bürgerbeteiligung durch direkte Wahlen sowie der Einführung von Initiativen und Referenden.Die empirische Analyse wird sich auf die Schweiz beziehen, da dort die einzelnen Kantone selbst über das parlamentarische Wahlrecht oder die Bürgerbeteiligung entscheiden können. Zwischen 1890 und 1945 haben z.B. 17 der 25 Kantone das Proporzwahlrecht eingeführt. Für die empirische Analyse nutzen wir die Einführung des Proporzwahlrechtes (und der direkten Bürgerbeteiligung) in einem Difference-in-Differences Ansatz, um den kausalen Effekt auf Mortalitätsraten zu schätzen. Dafür werden wir eine Vielfalt von Archivdaten zu Sterblichkeit, politischen Institutionen, öffentlichen Finanzen und Bildungsinvestitionen aller Schweizer Kantone für die Jahre 1870-2000 sammeln und digitalisieren. Wir implementieren auch einen Instrumentenschätzer, bei dem wir Verfassungsrevisionen und Reformen in Nachbarstaaten als Instrumente für das Proporzsystem und direkte Demokratie verwenden. Wir untersuchen dann die Mechanismen, wie politische Institutionen die Mortalität beeinflussen, z.B. durch Investitionen in öffentliche Gesundheitsprojekte oder verbesserte Schulbildung. Darauf aufbauend können wir berechnen, welcher Anteil des Rückganges der Sterblichkeit durch den Übergang zum Proporzsystem und direkter Bürgerbeteiligung in dieser Periode erklärt werden kann. In einem letzten Schritt nutzen wir einen Paneldatensatz von 12 europäischen Ländern zwischen 1850 und 1950, um die externe Validität unserer Ergebnisse zu prüfen. Insgesamt wird unser Forschungsprojekt drei wesentliche Beiträge zur Literatur leisten: (1) Unsere Studie ist die erste, die die politischen Ursachen des Rückganges der Sterblichkeit in Europa analysiert; (2) Wir identifizieren zentrale Mechanismen, durch die politische Reformen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben; und (3) wir beantworten die Frage, ob das Proportsystem und die direkte Bürgerbeteiligung positive Auswirkungen auf die gesellschaftliche Wohlfahrt haben (jenseits ihre Wirkungen auf öffentlichen Finanzen). Unsere Ergebnisse sind besonders relevant für politökonomische Modelle, die die Wohlfahrtseffekte von Wahlsystemen und direkte Bürgerbeteiligung analysieren. Darüber hinaus lassen unsere Ergebnisse wichtige Schlüsse zu, wie effiziente Institutionen, etwa in Entwicklungsländer, gestaltet werden müssen, um die effektive Bereitstellung von öffentlichen Gütern wie Bildung zu gewährleisten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Beteiligte Person Professor Dr. Steffen Reinhold
 
 

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