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Analyse und psychoakustische Bewertung der Geräuschentstehung in elektrischen Antrieben mit dem Schwerpunkt der Untersuchung von geschalteten Reluktanzantrieben

Fachliche Zuordnung Elektrische Energiesysteme, Power Management, Leistungselektronik, elektrische Maschinen und Antriebe
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5427391
 
Erstellungsjahr 2006

Zusammenfassung der Projektergebnisse

2.1 Allgemeinverständliche Darstellung der wesentlichen Ergebnisse und der erzielten Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens Durch die in diesem Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnisse konnte die akustische Signalkette der Geschalteten Reluktanzmaschine (GRM) (siehe Abbildung 2.1) von der Anregung bis zur Wahrnehmung durch den Menschen erstmals vollständig beschrieben werden. Insbesondere wurde mit der direkten Anregung von aerodynamischen Geräuschen durch den Rotor eine bisher in der Literatur nur am Rande erwähnte Geräuschquelle identifiziert und in ihrer Wirkung dokumentiert [3]. Bei schnell drehenden Maschinen (Umfangsgeschwindigkeiten größer als 100 m/s) kann dieser Effekt leicht die Schallabstrahlung durch Vibrationen übertreffen. Geeignete Geräuschminderungsmaßnahmen für diesen Fall wurden ebenfalls entwickelt und implementiert. Bei den meisten Anwendungen sind jedoch durch radiale Kräfte in der Maschine hervorgerufene Schwingungen des Stators die Hauptgeräuschquellen, was zu einer Übertragungskette [14] führt, wie sie im oberen Zweig von Abbildung 2.1 dargestellt ist. Folglich war dies der Schwerpunkt in diesem Projekt. Basierend auf theoretischen Überlegungen und umfangreichen Messungen an verschiedenen Maschinen, konnten sämtliche Elemente dieser Übertragungskette sowohl durch komplexe numerische [1] als auch durch einfache analytische Modelle beschrieben werden. Letztere sind besonders für den Entwurf von Maschinen von Bedeutung, wenn viele verschiedene Konfigurationen auch hinsichtlich ihrer akustischen Eigenschaften verglichen werden sollen. Speziell für diesen Zweck wurde ein Kennlinienverfahren entwickelt, dass den Kern der Dissertation [13] bildet. Erstmalig für Geschaltete Reluktanzmaschinen wurden Methoden der Psychoakustik für die Bewertung der Lästigkeit von Geräuschen verwendet. Dabei werden die Eigenschaften und Besonderheiten der menschlichen Wahrnehmung berücksichtigt [4][6][7]. Um dies zu ermöglichen, wurde auf der Grundlage der in [14] erarbeiteten Versuchsmethodik ein Hörversuch durchgeführt, mit dessen Hilfe die für Geschaltete Reluktanzmaschinen relevanten psychoakustischen Größen ermittelt wurden. Es zeigte sich, dass durch Lautheit, Schärfe und Tonhaltigkeit die Lästigkeit des Klangs einer Maschine erheblich besser beschrieben werden kann als mit dem einfachen Schalldruckpegel. Ebenfalls im Rahmen dieses Projekts wurde ein für akustische Messungen optimierter Prüfstand mit einer Wirbelstrombremse als Last entwickelt, der im Betrieb nur sehr geringe Eigengeräusche aufweist. Durch seine portable Ausführung kann er ohne großen Aufwand in einen reflexionsarmen Raum transportiert werden, um dort akustische Präzisionsmessungen an Antrieben durchzuführen. Durch seinen mechanischen Aufbau ist der Prüfstand ideal für Messungen zur Verifikation von komplexen FEM-Simulationen geeignet. Er ermöglicht auch die Vermessung der Richtcharakteristik der Schallabstrahlung von Geschalteten Reluktanzmaschinen, was bisher nicht möglich war. Erste Untersuchungen in dieser Richtung wurden bereits durchgeführt. Sie bestätigen das erwartete Multipol-Verhalten und geben Hinweise auf vielversprechende Einflussmöglichkeiten durch das Gehäuse. Basierend auf der Analyse der einzelnen Elemente der Signalkette (Abbildung 2.1) wurden geräuschmindernde Maßnahmen untersucht [10] und Vorschläge für eine geräuschoptimierte Maschinenauslegung von GRM entwickelt. Allein durch die Wahl der Polpaarzahl können zum Beispiel bei gleichbleibenden Abmessungen und unveränderten Leistungswerten das anregende Kraftspektrum, die Statorübertragungsfunktion und die Abstrahlcharakteristik gezielt verändert werden. Schließlich wurden verschiedene aus der Literatur bekannte geräuschreduzierende Steuerstrategien für Geschaltete Reluktanzmaschinen simulativ und messtechnisch untersucht und hinsichtlich ihrer Effektivität bewertet. Außerdem wurden bereits erste neue, wirksamere Steuermethoden entwickelt und implementiert. 2.2 Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Der neu entwickelte Wirbelstrombremsenprüfstand soll in Zukunft für eine präzise dreidimensionale Vermessung der Richtcharakteristik von Geschalteten Reluktanzmaschinen in verschiedenen Betriebspunkten genutzt werden. Bereits durchgeführte Messungen sind durch die verwendete Messtechnik auf eine Ebene beschränkt und haben nur eine geringe räumliche Auflösung, zeigen aber bereits eine ausgeprägte, gehäuseabhängige Richtwirkung. Die Abstrahlung von Geschalteten Reluktanzmaschinen, die Berücksichtigung von Einbaubedingungen und die Auslegung von Lagerpunkten und Ankopplungsimpedanzen wurden bisher in der Literatur nicht untersucht. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Messungen und Simulationen zeigen, dass die Geräuschentwicklung von Geschalteten Reluktanzmaschinen in großem Maße durch das Gehäuse und dessen Verbindung zum Stator beeinflusst werden kann. In Zukunft soll dies genauer untersucht werden mit dem Ziel, Designregeln für akustisch optimierte Gehäuse für Geschaltete Reluktanzmaschinen zu entwickeln. Hierzu werden detaillierte 3D-FEMSimulationen benötigt, die so viele Einzelheiten des realen Aufbaus einer GRM berücksichtigen wie nötig. Der Wirbelstrombremsenprüfstand kann für die Verifikation der Simulationsergebnisse verwendet werden. Mit Hilfe der 3D-Modelle soll außerdem die Auswirkung einer Schrägung von Stator und Rotor auf die Vibrationen analysiert werden. Theoretische Überlegungen [10] haben ergeben, dass dadurch positive Effekte zu erwarten sind. Die bereits begonnene Untersuchung von Steuerstrategien, die sich positiv auf die Geräuschentwicklung auswirken, soll ebenfalls weiter fortgeführt werden. Insbesondere die akustische Optimierung bei direkter Drehmomentregelung (DITC) und im sensorlosen Betrieb sollen genauer betrachtet werden. Insgesamt werden damit alle Aspekte einer Geschalteten Reluktanzmaschine behandelt, die Einfluss auf die Geräuschentwicklung haben, von der Regelung über die magnetische Auslegung bis zum Gehäuse. Es können daher ganzheitliche Strategien für eine akustische Optimierung entwickelt werden, die das Zusammenspiel der einzelnen Aspekte berücksichtigen. Bei der Bewertung der Eignung von psychoakustischen Methoden für die Beschreibung der Geräuschqualität von Geschalteten Reluktanzmaschinen hat sich gezeigt, dass die empfundene Lästigkeit des Geräuschs stark von der Anwendung abhängt. So sollte etwa der Einsatz von Geschalteten Reluktanzmaschinen in Automobilen bezüglich der "Sound Quality" gesondert untersucht werden. Die Erkenntnisse, die in diesem Projekt gewonnen wurden, werden bereits für die akustische Optimierung der Antriebe eines Haushaltsgeräts und einer Pumpe genutzt. Weitere mögliche Anwendungen sind Hybrid- und Elektrofahrzeuge, die besonders von der kostengünstigen Fertigung und der Ausfallsicherheit von Geschalteten Reluktanzmaschinen profitieren würden, aber auch sehr hohe Anforderungen an die Geräuschqualität stellen. Kontakte zu entsprechenden Herstellern existieren bereits.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • J. O. Fiedler, K. A. Kasper, R. W. De Doncker: Acoustic Noise in Switched Reluctance Drives: An Aerodynamic Problem? Proceedings of IEEE International Electrical Machines and Drives Conference IEMDC '05, San Antonio, Mai 2005

  • J. O. Fiedler, K. A. Kasper, Rik W. De Doncker: Spectral Composition of Stator Vibrations Resulting from Modal Superposition in SRM. 3rd IEE International Conference Power Electronics Machines and Drives PEMD, Dublin, April 2006

  • J. O. Fiedler, Rik W. De Doncker: Simplified Calculation of Radial Force Spectrum in Switched Reluctance Drives for Acoustic Noise Prediction in Preliminary Machine Design. 3rd IEE International Conference Power Electronics Machines and Drives PEMD, Dublin, April 2006

  • J. O. Fiedler: Design of Low-Noise Switched Reluctance Drives, Dissertation, 2006

  • Jens O. Fiedler, Rik W. De Doncker, Stéphane Paquay, Nico Verhelst: Simulation of Acoustic Noise and Vibration of a four Phase Switched Reluctance Motor Using OOFELIE VibroAcoustics. 9th Samtech User Conference, Paris, Februar 2005

  • K. Kasper, J. Fiedler, R. De Doncker: Geräuschentwicklung in Geschalteten Reluktanzmaschinen. (in German), VIII Miedzynarodowa Konferencja "Nowoczesne urzadzenia zasilajace w energetyce", Kozienice (Polen), März 2005

  • K. Kasper, S. Fingerhuth, M. Klemenz, J. Fiedler, R. De Doncker, M. Vorländer: Psychoacoustic Quantities and their Relevance for Sound-Quality Optimization of Switched Reluctance Machines. Proceedings of the 11th European Conference on Power Electronics and Application EPE05, Dresden, Germany, September 2005

  • M. Klemenz: Die Geräuschqualität bei der Anfahrt elektrischer Schienenfahrzeuge, Dissertation, 2005, ISBN 3-8325-0852-X

  • M. Vorländer, Engineering Acoustics meets Annoyance Evaluation. Invited plenary lecture, Proc. Inter-Noise '05, Rio de Janeiro, Brasilien, August 2005.

  • S. Fingerhuth, K. Kasper, M. Klemenz, J. Fiedler, M. Vorländer, Rik W. De Doncker: Bewertung der Geräuschqualität von Geschalteten Reluktanzmaschinen durch psychoakustische Größen. Fortschritte der Akustik - DAGA '05, München, März 2005

  • S. Fingerhuth, K. Kasper: Vergleich von subjektiver und berechneter Tonhaltigkeit bei Geschalteten Reluktanzmaschinen. Fortschritte der Akustik - DAGA '06, Braunschweig, März 2006

 
 

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