Project Details
FOR 2305: Discursivizations of the New. Tradition and Innovation in Medieval and Early Modern Texts and Pictures
Subject Area
Humanities
Term
from 2016 to 2023
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 265293505
Bruno Latour (1997) zufolge stellt das Denken in scharf gezeichneten Dichotomien wie Natur/Kultur oder Körper/Technik ein konstituierendes Merkmal der Moderne dar, ungeachtet der Tatsache, dass präzise diese kategorischen Unterscheidungen auf der Ebene der Phänomene - die Latour als Hybride fasst - nicht greifen. Diese Grundlagenfiktion der Moderne belegt Latour mit dem Terminus der 'Purifikation'. Damit etabliert die Moderne zugleich ihr spezifisches Verständnis von Zeitlichkeit, das von einem weiteren scharfen Gegensatz gekennzeichnet ist: jenem von Vergangenheit und Gegenwart, von 'alt' und 'neu'. In kritischer Anlehnung an Latours Ansatz will das hier vorgeschlagene Verbundprojekt zeigen, dass 'alt' und 'neu' genau solche Kategorien der 'Purifikation' sind (die sich in diesem Fall als diachronische Dichotomisierung gibt), während sich auf der Phänomenebene beides typischerweise - und eben nicht als Ausnahme - in bestimmten Konstellationen je spezifisch verbindet. Den zentralen Gegenstand bilden dabei europäische Texte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, deren historisch je spezifisch ausgeprägte Traditionsgebundenheit und deren Tendenz zur intensiven Nutzung intertextueller Verfahren eine kritische Untersuchung komplexer, nicht-dichotomischer Verschränkungen von vermeintlich Altem und vermeintlich Neuem herausfordert. Die hier vorgeschlagenen Teilprojekte setzen es sich somit zum gemeinsamen Ziel, Kategorien für Konzeptualisierungen und Diskursivierungen von Neuem zu erarbeiten. Dabei soll eine Neubestimmung kultureller Dynamiken jenseits der theoretischen Opposition von Kontinuität und Bruch erreicht werden. Ausgangspunkt ist der Befund, dass epistemisch, sozial oder kulturell Neues oftmals in komplexer Weise mit bestehenden Text- und Gattungsformationen verkoppelt wurde. Damit sind Invention, Novation sowie die Verarbeitung von Irritation stets gebunden an Prozesse der Renovation, Restauration und Rekonzeptualisierung. Das Konzept des Neuen wird in unserem Ansatz strikt historisiert, um unterschiedliche epochale Besetzungen von 'neu' und 'alt' herauszuarbeiten. Erreicht werden soll in jedem Fall eine epistemologische Neuperspektivierung von Tradierungs- und Novationsprozessen sowie ein differenzierteres Verständnis fundamentaler Probleme der Epochisierung.
DFG Programme
Research Units
International Connection
Switzerland
Projects
- Coordination Funds (Applicant Huss, Bernhard )
- Discrepant Traditions, ‚Old‘-‚New‘-Hybrids and Genre Mixtures in Venetian Painting and Art Theory of the Seicento (Applicant von Rosen, Valeska )
- El peregrino en su patria. Recoding ‚old‘ and ‚new‘ in the ,novela de peregrinación‘ of the Spanish Golden Age (Applicant Traninger, Anita )
- …formar modelli nuovi… Marino’s Poetics of the ,New‘ and the Structure of Literary Baroque in Italy (Applicant Nelting, David )
- ich bin niht niuwe –? Innovation/Novelty as Paradoxical Effect in the Medieval and Early Modern Discourse of Courtly Love (Applicant Köbele, Susanne )
- Mars and his Pistol. Contemporary Novelty and Epic Tradition in Early Modern France (Applicant Huss, Bernhard )
- Philosophia cantat. Negotiating Epistemic Ruptures in Early Modern Philosophical and Scientific Didactic Poetry (Applicant Roling, Bernd )
- Sur des pensers nouveaux faisons des vers antiques. On the Relationship of Enlightenment and Classicism in 18th-century French and Italian Literature (Applicant Hempfer, Klaus W. )
- „Troynovant Revisited. Strategic hybridisation in the competing traditions of classical antiquity in English Literature c. 1380 – 1620“ (Applicant Johnston, Andrew James )
Spokesperson
Professor Dr. Bernhard Huss