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SFB 1369: Vigilanzkulturen. Transformationen – Räume – Techniken
Fachliche Zuordnung
Geisteswissenschaften
Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Sozial- und Verhaltenswissenschaften
Förderung
Förderung seit 2019
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Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 394775490
Der Sonderforschungsbereich 1369 untersucht die historischen und kulturellen Grundlagen von Wachsamkeit. Er geht von der Beobachtung aus, dass Leistungen innerhalb von Gesellschaften, die gewöhnlich Institutionen zugeschrieben werden, darunter Terrorabwehr, Öffentliche Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Gesundheit, in hohem Maße auf der Mitwirkung nicht-institutioneller und formal nicht zuständiger Personen basieren. Sie stellen ihre Aufmerksamkeit partiell in den Dienst entsprechender Aufgaben, verstehen dies als eine Form des Wachens und interagieren dabei mit politisch-sozialen Anreizsystemen, technischen Möglichkeiten und Institutionen. Übergreifendes Ziel des SFBS ist es zu klären, wie Aufmerksamkeit in dieser Weise funktional werden kann. Zur Erreichung dieses Zieles hat der SFB den neuartigen und hochgradig gegenwartsrelevanten Ansatz der Vigilanzkulturen etabliert und erfolgreich zur Anwendung gebracht. Vigilanz ist als eine an überindividuelle Zielsetzungen gekoppelte und damit in klar benennbare Funktionen eingebundene persönliche Aufmerksamkeit definiert. Historisch bis in die Kulturen des Alten Orient zurückgreifend rekonstruiert der SFB, wie sich unter jeweils neuen institutionellen, religiösen, technologischen und politischen Bedingungen die Verfahren der Einbeziehung und die Rollen wachsamer Akteure veränderten. Er arbeitet interdisziplinär unter Einbeziehung der Geschichts- und Rechtswissenschaften, der Ethnologie, der Medizingeschichte sowie der Literaturwissenschaften. Ein Ergebnis der ersten Phase ist der Befund, dass die Idealisierung von Wachsamkeit auf ein Modell pointierter Einzelleistungen zurückgreift, während ihre Realisierung häufig das Resultat verteilter Leistung ist, an der Einzelne nur situativ und anteilig mitwirken. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die effiziente Orientierung von Aufmerksamkeit und eine längerfristige Einbindung von Akteuren davon abhängen, dass ein gewisser Grad an Unterbestimmtheit des zu Beobachtenden verbleibt. Es sind also gerade solche Strukturen effizient, bei denen das zu Beobachtende verdeckt, unklar und gerade darum beobachtungs- und deutungsbedürftig bleibt. In Konsequenz dieser beiden Befunde berücksichtigt der SFB in seiner zweiten Förderphase zum einen stärker verteilte Leistungen in Settings der Wachsamkeit. Zum anderen klärt er mit dem Modell der Latenz die Frage nach der Effizienz und Funktionsweise solcher Unterbestimmtheiten. Aufgabe der zweiten Phase ist es, die Methodik und empirische Basis weiter zu konsolidieren. Dazu werden die Fragen des Settings und der Latenz geklärt und wird durch die Einbeziehung Lateinamerikas und Japans noch intensiver kulturvergleichend gearbeitet. Darüber hinaus wird die Sicherstellung und nachhaltige Vermittlung der Erkenntnisse des SFBs vorbereitet, die in ein wissenschaftliche Handbuch der Vigilanzkulturen und einem auf ein breiteres Publikum zielenden, virtuellen und medial autark
DFG-Verfahren
Sonderforschungsbereiche
Laufende Projekte
- A02 - Latenzen individueller Moralität und Szenarien kollektiver Vigilanz zwischen Menschen und Geistwesen in der europäischen Vormoderne (Teilprojektleiterinnen / Teilprojektleiter Struwe-Rohr, Carolin ; Waltenberger, Michael )
- A06 - Whistleblowing in der Polizei – Bewertungsambivalenz im Whistleblowingdiskurs (Teilprojektleiter Kölbel, Ralf )
- A07 - Zwischen Selbstverpflichtung und Kontrolle: Vigilanz in benediktinischen Klöstern der Vormoderne (Teilprojektleiterinnen Burkhardt, Julia ; Klymenko, Iryna )
- A08 - Der starke Staat und das wachsame Volk. Vigilanz subalterner Gruppen im spätrömischen Staat (Teilprojektleiter Hahn, Michael ; Weisweiler, John )
- A09 - Wachsames Lesen: Hermeneutische Hellhörigkeit in der literarischen Vigilanzkultur des 19. Jahrhunderts (Teilprojektleiterinnen / Teilprojektleiter Spoerhase, Carlos ; Thomalla, Erika )
- A10 - Jaguar, Drohne, Mensch: Indigene Wachsamkeit in Amazonien (Teilprojektleiterin Meiser, Anna )
- B01 - Die Wache des Königs halten“: Ominöse Himmelsphänomene und ihre politische Bedeutung in Assyrien und Babylonien im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. (Teilprojektleiterinnen Frazer, Mary ; Radner, Karen )
- B02 - Denunziation und Rüge – Aufmerksamkeit als Ressource bei der Rechtsverwirklichung in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtgesellschaft (1400–1650) (Teilprojektleiterin Lepsius, Susanne )
- B03 - Die Herausforderung der Sinne. Verhüllung und Verdacht im frühneuzeitlichen Madrid (Teilprojektleiter Brendecke, Arndt )
- B04 - Gegen Pest und Korsaren. Gefahrenabwehr auf Korsika, ca. 1650–1800 (Teilprojektleiter Hengerer, Mark )
- B05 - Zwei Modi der Vigilanz, zwei Logiken des Verbots: Spirituelle und soziale Vigilanz der Bektaşî-Sufis nach den Verboten von 1826 und 1925 (Teilprojektleiter Neumann, Christoph K. )
- B06 - Zugehörigkeitsdilemmata und Wachsamkeit rassifizierter Latinx im Grenzraum USA-Mexiko (Teilprojektleiterin Dürr, Eveline )
- B08 - Wachsamkeit in Japans Nachbarschaften während der Covid-19 Pandemie (Teilprojektleiterin Vogt, Gabriele )
- C01 - Wachsamkeit und Achtsamkeit. Literarische Dynamiken von Selbstbeobach-tung und Fremdbeobachtung in der geistlichen Literatur des Mittelalters (Teilprojektleiterinnen Kellner, Beate ; Reichlin, Susanne )
- C02 - Das verborgene, verdächtige, veränderliche Geschlecht. Scham und Vigilanz in der Frühen Neuzeit (Teilprojektleiterinnen / Teilprojektleiter Gadebusch Bondio, Mariacarla ; Röder, Brendan )
- C03 - Im Schnittpunkt der Observanzen. Italienische Literatur des 17. Jahrhunderts zwischen Zensur und Kritik (Teilprojektleiter Mehltretter, Florian )
- C07 - Vigilanz im gesellschaftlichen Umbruch: Romnja in Prostitution in Košice (Slowakei) und Most (Tschechien) von den 1980er Jahren bis 2004 (Teilprojektleiter Schulze Wessel, Martin )
- C08 - Nichtwissen und Vigilanz bei Shakespeare (Teilprojektleiterin Olk, Claudia )
- MGK - Integriertes Graduiertenkolleg ‚Vigilanzkulturen’ (Teilprojektleiterinnen / Teilprojektleiter Brendecke, Arndt ; Reichlin, Susanne )
- Z - Zentrale Aufgaben des Sonderforschungsbereichs (Teilprojektleiter Brendecke, Arndt )
Abgeschlossene Projekte
- A03 - Selbstbeobachtung und Selbstermächtigung in der amerikanischen Aufklärung (Teilprojektleiter Benesch, Klaus )
- A04 - Theatersteuerung: Theater, Politik und Öffentlichkeit nach 1918 in Deutschland (Teilprojektleiterinnen / Teilprojektleiter Balme, Christopher ; Leonhardt, Nic )
- A05 - The End of Privacy?’ ‒ Selbst- und Fremdbeobachtung in den USA des 20. und 21. Jahrhunderts (Teilprojektleiterin Harju, Bärbel )
- B07 - Der Ehegattennachzug aus visumspflichtigen Drittstaaten in die Europäische Union. Beobachtungsräume am Beispiel der russischen Heiratsmigration nach Deutschland (Teilprojektleiterin Götz, Irene )
- C04 - Spiegelspiele: Theater und Politique im frühneuzeitlichen England (Teilprojektleiter Döring, Tobias )
- C06 - Vigilanz und Verzicht. Konflikte um das Fasten im Russland und Polen-Litauen der Vormoderne (Teilprojektleiterin Herzberg, Julia )
Antragstellende Institution
Ludwig-Maximilians-Universität München
Beteiligte Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Beteiligte Institution
Orient-Institut Istanbul
Sprecher
Professor Dr. Arndt Brendecke