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FOR 530:  Selbstzeugnisse in transkultureller Perspektive.

Fachliche Zuordnung Geisteswissenschaften
Förderung Förderung von 2004 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5470710
 
Der gemeinsame Bezugspunkt der Forschergruppe sind schriftliche Selbstzeugnisse. Lange hat man Autobiographien für eine typisch europäische Form des Schreibens gehalten und mit eurozentrischen Konzepten von Individualität bzw. des "universalen" Selbst verbunden, die den Weg in die Moderne teleologisch als Weg in die Freiheit des Subjekts und in die Wirtschaftsformen der westlichen Welt begründen. Dass diese Ansätze zu kurz greifen, haben neuere Arbeiten gezeigt, die Selbstzeugnisse mit neuen Fragestellungen und Methoden erschließen und Autobiographien als Teil dieser Quellengruppe verstehen. So wurden in der historischen Selbstzeugnisforschung in den letzten Jahren neue Ansätze entwickelt, die den handelnden Menschen im Kontext seiner kulturellen und sozialen Beziehungen und Prägungen ins Zentrum rücken (doing culture, doing gender). In Bezug auf nichteuropäische Kulturen steht die Beschäftigung mit Selbstzeugnissen vielfach erst am Anfang, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Im Projekt arbeiten Historikerinnen und Historiker, Turkologinnen und Turkologen sowie Japanologinnen zusammen, um diese Richtungen zusammenzuführen und methodisch wie inhaltlich neue Zugänge zu Selbstzeugnissen zu entwickeln.
Ziel der Forschergruppe ist es, die Thematisierung des eigenen Lebens in verschiedenen Kulturen, zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen geographischen Räumen und in spezifischen Interaktionszusammenhängen als kulturelle und soziale Praxis zu untersuchen und in den Kontext gesellschaftlicher Beziehungen zu stellen. Inhaltlich soll die für westliche Kulturen entwickelte, aber auch für nichteuropäische Kulturen behauptete Auffassung, dass die Entwicklung von Individualität und autobiographischem Schreiben eng aufeinander bezogen seien, aufgebrochen und durch die ergebnisoffene Frage nach den in den Selbstzeugnissen formulierten Personkonzepten ersetzt werden. In der Auseinandersetzung mit eurozentrischen Konzepten von Individualität fügt sich das Projekt in die größere Debatte um das Leitkonzept der "klassischen" Modernisierungstheorie ein und knüpft an die Diskussion der "Multiple Modernities" an.
Zentral für die Analyse der Schreibpraktiken und der Lebenslaufkonstruktionen sind die Kategorien Person und Geschlecht. Dichotomisches Denken über die Kategorie der Person (ego- vs. soziozentrisches Personkonzept) soll aufgebrochen werden. Im Projekt werden die neueren Ansätze, Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie zu verstehen, aufgegriffen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen

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